Montag, 1. Oktober 2007
Ich bin Aachener. Seit nun genau zehn Jahren. Damals bin
ich hier in die Adalbertstraße gezogen und habe mich
anlässlich dessen erstwohnsitzig hier angemeldet. Auch
wenn Rheinland-Pfälzer besser klingt als Nordrhein-Westfale.
Davor wohnte ich fünf Jahre studentisch und nur auf
einer halben Backe in meiner WG im Kaltbachgäßchen,
einer so malerischen wie schmalen Gasse am Fuße der
Hauptstraße in Burtscheid mit gaaanz wenig Durchgangsverkehr.
(Wenn man den Verkehr der Durchgehenden im dunklen, aber
windgeschützten Hauseingang an Karneval nicht mitzählt
…)
Taxifahrer kannten sie überhaupt nicht und Google Earth
erst seit kurzem. Das urige Haus war über 400 Jahre alt,
mit antikem Fachwerk-Gebälk an den Decken und Tonnengewölbe
im feuchten Keller – der namensgebende Bach floß
drunter durch. Bei der Inneneinrichtung konnte man nichts
falsch machen, denn weil keine Kante parallel zu einer anderen
war, hing auch nie ein Bild schief.

Im Gegensatz zu meinen Studifreunden von damals bin ich mit
nur zwei Umzügen im Leben (Gerolstein – Aachen/Burtscheid,
Aachen/Burtscheid – Aachen/Innenstadt) eine Immobilie.
Denn unter Studenten ist es weit verbreitet, im Laufe des
Studiums – wenn nicht gar Semesters – möglichst
oft umzuziehen. Das hatte den Vorteil, dass man innerhalb
kürzester Zeit alle Straßen der Stadt kennengelernt
hat. Es hatte aber auch den Nachteil, dass im vordigitalen
Zeitalter Anschriften und Telefonnummern nur mit Bleistift
notiert werden konnten, und trotzdem war das Papier des Adressbüchleins
rasch dünn radiert.
Die Zeit in der Kaltbachgäßchen-WG (eine Frau,
drei Männer) waren mir Lehrjahre auf dem Gebiet der Emanzipation
und der Mikrobiologie:
Hygiene ist ja in allen Wohngemeinschaften, die über
das Zusammenleben mit Joghurtkulturen hinausgehen, das Dauerthema.
Beim Abwasch hatten wir allerdings zwei gravierende Handicaps:
Zum einen kein heißes Wasser in der Küche, so dass
»mal eben spülen« zur abendfüllenden
Beschäftigung geriet, und zum anderen Geschirr aus vier
Haushalten – der kleine Löffel war der Indikator:
Wenn nach drei Wochen kein sauberer mehr da war, musste notgedrungen
gespült werden. Manchmal auch eher. Da ein Putz- und
Spülplan aber viiiel zu spießig gewesen wäre,
hat halt derjenige geputzt und gespült, den es am ehesten
angekotzt hat. Ratet mal, wer das meist war …
Ein Mykologe hätte bei uns seine helle Freude gehabt.
Und wöchentlich neue Hefen und Schimmelarten entdeckt.
Ich war immer wieder verblüfft: Wer hätte gedacht,
dass Kartoffelpüree leuchtend orange schimmelt?
Meine Mitbewohnerin fuhr mal für drei Wochen auf Exkursion.
Am Vorabend hatte sie sich noch Nudeln mit Soße »gekocht«
und den Topf mit den Resten fein säuberlich im Kühlschrank
deponiert – was aber erst nach zwei Wochen auffiel …
Muss ich weiterschreiben? Als ich mutig den Deckel lüpfte,
krähte das kleine grüne Wesen fröhlich »Papa!«.
Nach der Rückkunft deutete ich unvorsichtigerweise
einmal zart an, dass sich in punkto Sauberkeit noch Dinge
verbessern ließen, worauf ich mir den Vorwurf gefallen
lassen musste, intolerant und typisch deutsch
zu sein …
Falls da noch Zweifel bestanden: Spätestens seit dieser
Erfahrungen bin ich der Meinung: Frauen gehören nicht
in die Küche!
Samstag, 6. Oktober 2007
Nadja feiert Geburtstag, fast nur mit Freunden.

Dienstag, 9. Oktober 2007
And the Oscar goes to … weiß ich auch
nicht, aber der Physik-Nobelpreis geht an Peter Grünberg
– aus Jülich! Wenn ich es recht verstanden habe,
hat er den Magnetismus erfunden oder so. Jedenfalls wird sein
GMR-Effekt mittlerweile in fast jede Festplatte eingebaut,
und wir müssen uns deshalb bei Maßeinheiten so
langsam an die Vorsilbe Tera- gewöhnen, obwohl
doch Mega- und Giga- nach viel mehr klingen.
Der Herr Grünberg wohnt passenderweise in der Einsteinstraße
und spielt im gleichen Verein Tennis wie meine Bürokollegin.
Wow, ich teile mein Büro mit einer, die schon mal mit
einem Nobelpreisträger Tennis gespielt hat!
Donnerstag, 11. Oktober 2007
Happy Birthday, Silke.
Neues vom Krieg gegen den Terror: Im Libanon hat sich einer
der mutmaßlichen »Kofferbomber« von Köln
zur Sache geäußert. Er erklärte, er habe gegen
Karikaturen des Propheten Mohammed protestieren wollen. (Dieser
Mohammed muss ja ganz schön schlimme Karikaturen gezeichnet
haben …)
Er sei aber kein Extremist. Aha, so demonstriert also ein
nicht-extremistischer Muslim, dass ihm was nicht passt. Von
Leserbriefen noch nie was gehört?!
Freitag, 12. Oktober 2007
Noch ein nobler Preis, diesmal der für Frieden an Al
Gore, den ehemaligen nächsten Präsidenten der USA.
Den Oscar hat er ja schon. Aber was hat ein Film übers
Klima jetzt genau mit Frieden zu tun? Als er noch Vize des
mächtigsten Staates war, hätte er doch da mehr reißen
können, oder? Nun lässt er es sich eben gut bezahlen
zu warnen, statt selber ran zu müssen. Aber mal abwarten,
vielleicht wird er doch noch Präsi – wenn ihm das
jetzt nicht eine Nummer zu klein ist … (Besser als George
Bush III. wäre es allemal.)
Lieber Besuch aus einer weiteren Zweitligastadt mit Besuch
der Wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Lokalitäten,
sowie Teilnahme an der Nacht der Offenen – und
vor allem vollen – Kirchen.

Dienstag, 16. Oktober 2007
Happy Birthday, Julia.
Donnerstag, 18. Oktober 2007
Crowded House in der Live Music Hall in Köln! Für
ein Drittel von uns war es das erste Konzert, auf das
man geht – in der klassischen Musikwelt geht man ja
in Konzerte.
(Neben dieser sprachlichen Differenzierung ist das auffälligste
Unterscheidungsmerkmal zwischen E und U die Haltung der Saiteninstrumente,
nämlich nicht keusch unter die Backe geklemmt und zärtlich
gestrichen, sondern phallisch vor den Unterleib gehalten und
ruppig gezupft.)

Da das neue Werk von Crowded House, einem Klassiker der U-Musik,
hier noch nicht ausreichende Würdigung erfahren hat,
sei das hiermit schleunigst nachgeholt: »Time on Earth«
Samstag, 20. Oktober 2007
Aktionsbüdchen am Kugelbrunnen werben für Tierschutz,
Vegetarismus und Veganismus. (Aparterweise vor der Bio-Metzgerei
– wenigstens hat die Kreatur gesund gelebt.) Ich finde
diese Aktion jedenfalls prima! So was rüttelt die Leute
wach. Denn beinahe hätte ich vergessen, noch Gulasch
zu kaufen …
Mittwochnacht »Shuttle-Party«, heute »Day
& Night of the Pont« – so langsam müsste
der verschnarchteste Ersti spitzgekriegt haben, wo und wie
man in Aachen feiern kann.
Und schon wieder auf einem Konzert:

Montag, 22. Oktober 2007
Eine neue sprachliche Unsitte greift Raum: In der Umgangssprache,
in der man gelegentlich auch schreibt, wird der unbestimmte
Artikel gerne mal abgekürzt. Aus »Gib mir mal
eine Flasche Bier!« wird dann »Gib mir
mal 'ne Flasche Bier!« und aus »Brat mir
einer einen Storch!« wird »Brat mir einer
'nen Storch!«.
Ich finde das nicht weiter ver- oder beachtenswert. Doch mich
graust, wenn die Abkürzung im falschen Genus daherkommt
und etwa geschrieben wird: »Kauf Dir mal 'nen Buch!«
Also wenn schon dann bitte »’n Buch«.
Und vielleicht direkt das hier. Nebenbei bemerkt: Unabgekürzt
wäre »ein Buch« auch nicht viel länger,
man zähle mal die Silben.
Aber was will man machen, wenn nicht nur die Sprachkünstler
der Leckereiensendung »Wissens-›Qualität
hat seinen Preis‹-Hunger«, sondern selbst so öffentliche
wie rechtliche Rundfunkanstalten beim schleichenden Verfall
der Sprache mitmachen und die Deklination selbst in kürzesten
Jingles versaubeuteln: »Natürlich auf WDR2,
der Sender.« (Sic!)
Mittwoch, 24. Oktober 2007
Nicht noch eine Community! Letztens bin ich unvorsichtigerweise
einer Einladung zu wer-kennt-wen.de gefolgt. Ich wollte
nur mal schauen, was das denn ist. Und was ist es? –
Ein weiteres Forum, in dem man sämtliche a) Freunde,
b) Bekannte und c) sowieso alle Menschen, die man überhaupt
jemals kurz gesehen hat, zu seinen Kontakten hinzufügen
kann.
Mein Engagement in diese Richtung lasse ich mit dem StudiVZ
bewenden. Ich überlege auch, meine Mitgliedschaft als
Karteileiche bei Stayfriends.de zu beenden. Seit Jahren
schon nerven die mit Mails, sind zu teuer, unpraktisch in
der Bedienung und verschlammen die Suchmaschinen.
Wer mit mir Kontakt aufnehmen will, muss es über eine
ganz altmodische E-Mail versuchen. (Nachrichten in verständlicher
Sprache und unter Einhaltung der Etikette werden bevorzugt
beantwortet.) Meine Kontaktdaten lassen sich recht einfach
eruieren, ich habe im Netz an der einen oder anderen Ecke
meine Spuren hinterlassen – man frage einfach mal den
Herrn Google!
Donnerstag, 25. Oktober 2007
Das Feuilleton ist konsterniert, der Untergang des Abendlandes
droht doch noch nicht, »Schmidt und Pocher«
ist genießbar. Und auf jeden Fall eine würdige
Vorgruppe für »Pelzig unterhält sich«,
den Geheimtipp aus dem BR.
Zum feierlichen Relaunch hat man eigens Helmut Zerlett reanimiert
und als Sprecher Peter Rütten wieder ausgebuddelt, der
– Obacht! – seit seinem Weggang von der Schmidt-Show
allerdings sämtliche Comedys in die Grütze geritten
hat, siehe »Was guckst du?!«, »Freitag
Nacht News« oder »Stromberg«.
Freitag, 26. Oktober 2007
Einmal im Leben sollte man in einem Museum gewesen sein.
Für einen Teil der Menschheit war es heute so weit. Für
mich bot sich mal wieder Gelegenheit, verbotene Photos zu
schießen. Das heißt, verboten ist es nur mit Blitzlicht,
wie ich von zweithöchster Stelle erfuhr.

Sonntag, 28. Oktober 2007
Hochzeitsnachfeier von Dorothee und Wolfram in Pulheim. Glückwunsch
nachträglich!

Montag, 29. Oktober 2007
Moooment …! Evelyn Hamann ist gestorben. (Außerdem
Frau Hoppenstedt, die Jodelschnepfe, Fräulein Renate,
Hildegard und Frau Lohse.)
Es trauern
- Lord und Lady Hesketh-Fortescue auf dem Landsitz North
Cothelstone Hall,
- der jüngste Sohn Meredith,
- die Cousinen Priscilla und Gwyneth Molesworth aus den
benachbarten Ortschaften Nether Addlethorpe und Middle Fritham,
- ferner ein Onkel von Lady Hesketh-Fortescue, der neunundsiebzigjährige
Jasper Fetherston, dessen Besitz Thrumpton Castle zur Zeit
an Lord Molesworth-Houghton, einen Vetter von Priscilla
und Gwyneth Molesworth, vermietet ist,
- sowie die Tanten Amelie Hollingworth und Lucinda Satterthwaite
- nebst ihrem Schwager Thomas Thatcham, der als Gärtner
in Thrumpton Castle bei Lord Molesworth-Houghton arbeitet.
Und natürlich Loriot. Dieser hat in seinem Nachruf zwar
behauptet, dieses eine Mal habe ihr Timing nicht gestimmt,
aber irgendwie hat es das doch: Seit Freitag gibt es »Loriots
vollständige Fernseh-Edition« mit 6 DVDs inklusive
50 noch nie veröffentlichter Sketche zu kaufen …
Kann sich wer an den Ebay-Nepp
erinnern, dessen Opfer ich zum Jahreswechsel 2004/2005 wurde?
So ein Knabe aus Norddeutschland hatte ohne mein Wissen in
meinem Namen ein Ebay-Konto angelegt und fleißig Auktionen
veranstaltet, deren Waren es nicht gab, worüber sich
die geprellten Ersteigerer dann aber bei mir beschwerten.
Ebay glänzte durch Tatenlosigkeit.
Heute erreichte mich folgende Mail:
Sehr geehrter Herr Langens,
mein Name ist Jacob T******, denjenigen den Sie als Betrüger
auf Ihrer Seite anprangern. Ja es ist richtig, dass Geld
ist auf mein Konto geflossen! Aber ich wurde auch nur ausgenutzt,
meine Gutglaübigkeit wurde missbraucht. Die Verhandlung
zu diesem Fall hat bereits stattgefunden und ich habe als
Strafe 50 Sozialstunden bekommen. Jetzt frage ich Sie: Wäre
das Gericht von meiner Schuld überzeugt gewesen wäre
ich wohl anders bestraft worden? Da mir der Eintrag auf
Ihrer Seite nun schon das zweite Bewerbungsgespräch
verhindert hat, bitte ich Sie den Eintrag über mich
zu löschen.
Mit freundlichen Grüßen
Jacob T******
Soso, jetzt bin ich also auch noch schuld, dass der Knabe
keinen Job kriegt! Die Knäste sind voller Unschuldiger.
Dabei »prangere« ich ihn gar nicht an, sondern
mutmaße allenfalls vorsichtig. Wohl dem, der den Konjunktiv
beherrscht. Oder ihn wenigstens entfernt kennt.
Jetzt frage ich: Wäre das Gericht von seiner Unschuld
überzeugt gewesen, wäre er wohl gar nicht bestraft
worden, oder?
Und weiter: Wären in den letzten drei Jahren nicht vielleicht
einmal Zeit und Gelegenheit für soetwas wie eine Erklärung
oder gar Entschuldigung gewesen?
Aber ich bin ja kein Spielverderber und werde ihn –
nachdem er nun mal selbst erlebt hat, wie das ist, wenn der
eigene Name missbraucht wird – auf meinen Seiten unkenntlich
machen. Aber ob Google und die Waybackmachine
das auch tun werden …?
Dienstag, 30. Oktober 2007
Als ich letzte Woche von einem Familiendrama in Belgien hörte
(Mann, Axt, Frau und Kinder), dachte ich beiläufig: Schlimm
so was. Dank Globalisierung erfährt man immer mehr von
schlimmen Sachen auf der Welt als man wissen möchte,
und so maß ich dem ganzen keine Bedeutung bei.
Gestern erfuhr ich aber, dass die ermordete Frau früher
einmal an meinem Schreibtisch bei der VHS gearbeitet hat und
der Mörder ein Geschäftskollege einer unserer Lehrer
war! (Der Kerl war Sozialpädagoge – und sollte
im nächsten Semester einen Antiaggressionskurs leiten
…)
Zum Kontrast was Schönes: Kaffee in netter Gesellschaft.

Mittwoch, 31. Oktober 2007
Happy Halloween: Apfel, Nuss und Mandelkern im Discounter
vor der Zeit mögen vielleicht noch angehen, aber eben
sah ich, wie der erste Santa Claus der Saison gehisst wurde.
Ȇber das Missgeschick
eines Menschen spottet man nicht«
ein heiterer Mensch |