Sonntag, 1. Juni 2008
Auf einer Geburtstagsnachfeier im fernen Gummitwist kamen
wir zu der Erkenntnis: Duschgels – es gibt sie in vielen
verschiedene Formen und Farben. Und Geruchsrichtungen erst.
Denn die Jubilarin erhielt als Präsent unter anderem
eine Flüssigseife mit Schoko-Minz-Aroma, die reihum begeistert
verkostet wurde.
Mittels stichprobenartiger Feldforschung in jedem beliebigen
Drogeriemarkt kann man etliche Regalmeter olfaktorischer Varietäten
sonder Zahl ausmachen, die jeder Cocktailbar zur Ehre gereichen
würden.
Eine Auswahl querbeet: Erdbeer, Apfel, Mango, Papaya, Pfirsich,
Oliven, Waldbeeren, Grapefruit, Satsuma, Sanddorn, Weißer
Tee, Kirschblüte, Mandarine & Safran, Lavendel &
Vanille, Orange & Ingwer, Zitronengras, Joghurt, Milch
& Honig, Kakaobutter, Mandelmilch, Kokos-Sahne und Zitrone-Buttermilch,
…
(Auch wenn Milchprodukte außerhalb eines Kühlschranks
nun nicht gerade den Eindruck von Sauberkeit und Frische erwecken
…)
Solch eine Artenvielfalt kennt man sonst nur beim Bier.
Was sein Sinn von dieses? Soll man – wo das Drüsensekret
des Moschusochsen nicht mehr ausreicht – durch fruchtige
nasale Reize potentielle Geschlechtspartner anlocken, auf
dass diese einen dann stantepede vernaschen mögen?
(Zu bedenken jedoch: Wenn frau olfaktorisch locken will, sollte
sie den Vorlieben der Beute nachkommen und das Duschgel »Steak
& Bier & Pommes« verwenden – da nimmt
jeder Kerl sofort die Witterung auf.)
Immerhin: Sauber machen sie alle.

Montag, 2. Juni 2008
»Rettet die Rathausuhr!«
Brand in den Universal-Studios, das Filmset von »Zurück
in die Zukunft« ist abgebrannt. Wenn man das früher
gewusst hätte …
Dienstag, 3. Juni 2008
In den Nachrichten heißt es, eine hier nicht näher
bezeichnete deutsche •••T•elefongesellschaft
habe Telefonate abgehört.
Nun, was läge auch näher?
Aus gewöhnlich-uninformierten Kreisen verlautet, dass
sie dabei sehr raffiniert vorgegangen sei: Im Laufe der letzten
Jahre hat es der sympathische Weltkonzern geschafft, von der
Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt spezielle Abhörvorrichtungen
– sogenannte »Telefone« – in fast
jeder Wohnung zu installieren!
Es ist sogar gelungen, der Bevölkerung für teuer
Geld mobile Abhörgeräte – im Schnitt drei
Komma acht Stück pro Person – unterzujubeln, in
Fachkreisen »Handys« genannt. Die Mikrophone sind
für den Laien unsichtbar angebracht, getarnt durch bunte,
auswechselbare und weitgehend sinnfreie Oberschalen. Verdächtige
Geräusche, die beim Abhören entstehen könnten,
werden durch musikähnliche Strukturen, auch bekannt als
»Klingeltöne«, verdeckt.
Der Nutzer wiegt sich in trügerischer Sicherheit durch
das Eintippen einer kryptischen Zahlenkombination, der sogenannten
»Telefonnummer«. Ferner wird er mit an niederste
Instinkte appellierenden Anreizen fürs ganztägige
Abgehörtwerden duldungsstarr gemacht durch die vom Saufen
hinlänglich bekannten »Flatrates«.
Wie man hört, plant IM Schäuble (Innenminister)
die Firma fürs Große Bundesverdienstkreuz mit Stern
und Schulterband vorzuschlagen …
Dabei liegt Abhilfe so nah. Wer nicht abgehört werden
will: Einfach mal die Klappe halten!
Freitag, 6. Juni 2008
Der »Milchstreik« ist beendet. Tagelang belieferten
die Milchbauern die Molkereien nicht, weil diese ihnen zuwenig
zahlten. Nun bekommen die Bauern 0,3 Cent pro Liter mehr –
und die Ladenpreise werden um 10 bis 20 Cent steigen. (Daher
kommt übrigens der Begriff Milchmädchenrechnung.)
Beinahe hätten wir Züge, die an jeder Milchkanne
halten, mit ganz anderen Augen gesehen. Und auch von anderen
liebgewonnenen Errungenschaften des Alltags hätten wir
uns verabschieden müssen:

Samstag, 7. Juni 2008
Wie man an der schwarz-rot-goldenen
Schmuckbeflaggung im Straßenverkehr unschwer erkennen
kann, spielt Deutschland bei der Fußball-EM mit. Die
nächsten drei Wochen werden also bestimmt sein von der
Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz, oder
wie es kurz heißt: EURO2008.

Ich werde abends wieder die meiste Zeit im EM-Studio (alias
EGMONT) sein, weil es dort ein Tippspiel für
die Gäste durchzuführen gilt: Wer vor dem Spiel
das richtige Ergebnis der Partie auf einen Tippzettel schreibt
und in die Box wirft, bekommt nach dem Spielende eine Flasche
Sekt.
(Hiermit verzichte ich freiwillig auf sämtliche Wortspiele
mit EManze, EMbargo, EMblem, EMbolie, EMbryo, EMigrant,
EMinenz, EMir, EMmental, EMotion, EMpathie, EMpfang, EMphase,
EMpfehlung, EMpfindung, EMpirie, EMulsion und EMail.)
Teamintern wird auch wieder getippt: Für richtige Tipps
gibt's Punkte und derjenige mit dem meisten Punkten bekommt
am Ende den Jackpot, einen knappen Fuffi. (Fußballspiele
sind viel spannender, wenn man ein Team hat, mit dem man mitfiebern
kann, auch wenn's nicht das eigene ist.)
Sonntag, 8. Juni 2008
Erster EM-Einsatz für die Deutsche Elf, und gleich ein
2 zu 0 gegen Polen durch Podolski. Auch wenn das streng genommen
zwei Eigentore waren …
Der polnische Boulevard reagierte im Vorfeld etwas »kopflos«
ob des anstehenden Spiels: Eine Zeitung zeigte den polnischen
Trainer mit den abgeschlagenen Köpfen von Jogi Löw
und Michael Ballack als Photomontage.
Zum Glück nur als Photomontage!
Man darf nicht vergessen: Es ist doch nur ein Spiel!
Für Deutschland.
Montag, 9. Juni 2008
Die Italiener streiken schon wieder. Diesmal allerdings aufm
Platz, bei der 3-zu-0-Klatsche gegen die Niederlande. Mordsgauda!
Mittwoch, 11. Juni 2008
Teatime im Ludwig Forum. Peter Gabriel kam, um »Big
Blue Ball« vorzustellen.
Das befürchtete Hauen & Stechen ist ausgeblieben.
Doch auch wenn man direkt bei Toresöffnung dagewesen
ist, blieb ein gescheiter Sitzplatz verwehrt: Alle Stühle
waren reserviert für Presse und Prominenz. Das gemeine
Volk konnte sich am Rand auf den Boden hocken. Vielleicht
hätte man es gleich als Pressekonferenz ausschreiben
sollen!
Also, beim nächsten Besuch werde ich mir einen Presseausweis
besorgen. Oder wichtig werden.
Wegen einer Installation – deren Sinn und Zweck sich
wohl erst bei einem weiteren Besuch erschließen wird
– fiel auch noch die Hälfte der Mulde in der Mitte
des Raumes fürs unbestuhlte Auditorium weg. So hatte
ich also allerhand Zeit für intensive Detailstudien von
des Meisters Hinterkopf …
So kam ich allerdings auch mit ihm ins Fernsehen: Mit viel
Wohlwollen erkennt man mich rechts oben auf dem Monitorbild,
wie ich das Monitorbild abknipse. Selbstreferentialität
des Mediums nennt man das wohl. Nach einer Weile wurde ich
jedoch volatil. Denn das wiederum ist ein Vorteil des Ludwig-Forums:
Man kann da unbeengt herumlaufen (wenn man nicht gerade den
poppenden Jeff Koons oder sonstige Kunst antatscht) und photographieren.
Und diesmal hatte ich das Tele dabei!
Peter war irgendwie schlecht drauf. Auch wenn die Tageszeitung
morgen wieder was von »Weltstar mit Humor« schreiben
wird. Hat sie beim letzten Mal aber auch schon. Er guckte
meist recht ernst – wahrscheinlich läuft eines
seiner elfundneunzig Parallelprojekte gerade nicht ganz rund:
Weltmusik, Soundtrackkomposition, Klangtüfteleien, Online-Aktivitäten,
Kunstprojekte, Reunion-Visionen, humanitäre Aktionen,
technische Errungenschaften – oder gar ein neues Album?!
Die Veranstaltung begann nach einer Tanzperformance. Zwei
rot- und leichtbekleidete Mädels versinnbildlichten tanzend
das Motto des Tages »Big Blue Ball« – aus
meiner eingeschränkten Perspektive eher »Big White
Post« – mit zwei großen blauen Bällen.
Wieso eigentlich mit zweien? Haben wir doch noch eine
Ersatzerde im Kofferraum?! (Bei »Big Blue Balls«
denkt der Anglophone eher an männliche Keimdrüsen,
die aufgrund mangelnder oder zu starker Benutzung hämatomartig
verfärbt sind …)
Anschließend flötete ein Chinese uns was vor,
und dann plauderten Peter und der Veranstaltungsmanager Rick
Takvorian, nur unterbrochen von ein paar Kostproben vom Band,
über das Was und Wie und Warum des neuen Werks. Der Plausch
an gleicher Stelle vor zwei Jahren war anregender.
Ganz so neu ist das Werk auch gar nicht. Es besteht aus
unveröffentlichten Weltmusiksessions mit diversen Musikern
aus den frühen Neunziger Jahren, die nun überarbeitet
und um eine multimediale Ausstellung ergänzt wurden.
Leider ist der Meister selbst nur bei drei Stücken beteiligt
und erwerben kann man’s auch erst demnächst.
Von den Künstlern, die im Rahmen des »across the
borders«-Projekts Kunstwerke zur Ausstellung beisteuern,
war wenig zu hören oder zu sehen. Und für die Eröffnung
dieser Ausstellung war Peter doch eigentlich gekommen, oder?
Es stellte sich aber heraus, dass er die Werke heute zum ersten
Mal sah.
Gemütlich gemacht hatte er sich’s immerhin: Zu
Beginn des Plauschs entledigte er sich seines schweren Schuhwerks
und spielte damit Micky Maus. Takvorian erinnerte ihn später
daran, seine Galoschen nicht zu vergessen. Angesichts des
Auftriebs an Autogrammjägern eine begründete Warnung:
Die Mauken des Meisters wären sicher ein seltenes Souvenir.
Doch auch die Teetasse blieb unentwendet. Warum eigentlich,
bei Ebay sollten solche Devotionalien Höchstpreise erzielen.
Anstrengend wie immer geriet der letzte Teil: die allseits
gefürchteten Zuschauerfragen. Immerhin blieb das gefürchtete
G-Wort weitgehend aus. (Peter selbst sagte nie »Genesis«,
sondern »unsere Gruppe«.) Leider nutzen die Zuschauer
diese Fragerunden selten, um etwas Neues herauszufinden, sondern
um langatmig zu zeigen, was sie alles wissen, und die Künstler
gönnerhaft zu loben. Weltstar mit Humor zu sein, ist
ja schon was, aber Weltstar mit Contenance zu sein, ist wirklich
bewundernswert.
Die schwerste Frage war wohl, auf welcher CD denn diese
eine, ruhige Version von »Steam« zu finden sei.
Davon hat der Meister natürlich keine Ahnung. Zum Glück
waren genug Fans anwesend, die ihm aushelfen konnten –
die wissen so was.
Natürlich kam – von einem geschätzt Sechzehnjährigen
– auch die Frage, wie man denn erfolgreich Musik schreibe
… –
Nun, Peter hat sie beantwortet!
Er sagte: Jeder Musiker kennt wohl die spezielle Schwierigkeit,
aus nur sieben Noten immer wieder Neues zu kreieren. Da kann
es vorkommen, dass man ein Spitzenlied schreibt – und
anschließend feststellt, dass es das schon gibt. Peter
rät: Entweder überarbeiten oder wegwerfen. Wenn
aber überarbeiten, dann mit Hingabe. Er brachte den Vergleich
zwischen »Shit« und »Vomit«: Shit
ist einmal durch den ganzen Körper gegangen, Vomit
war nur kurz mal drin …

—
Abends wieder Fuppes, die Schweiz gegen die Türkei.
Wäre Schumi dabeigewesen, hätte die Schweiz gewonnen,
es war nämlich ein Regenrennen. War er aber nicht, und
so kann die Schweiz jetzt bereits nach Hause fahren. Denn
in der 92sten Minute war es um die Schweiz geschehen –
und um die Oecher Nachtruhe auch. Aachen oder Ankara?!

Deutsche Türken: Es war lediglich das zweite Spiel der
Vorrunde. Was müsst Ihr da bereits vor dem Spiel
Hupkonzerte veranstalten? Warum nicht währenddessen?
Oder gleich stattdessen?!
Donnerstag, 12. Juni 2008
Wem habe ich denn die Pulle Sekt zu verdanken, die mich
heute zum Feierabend vor der Wohnungstür erwartete? Ich
kann mich nicht erinnern, wem ich was Gutes getan haben könnte.
Jedenfalls nichts, was dem Gegenwert einer Flasche MM extra
entspräche.
—
17 Uhr mit Notebook im EM-Studio. Irgendein W-LAN in der
Umgebung ist ja immer nicht gesichert. Wozu da noch ein eigener
Online-Account? An dieser Stelle bedanke ich mich recht herzlich
beim anonymen Betreiber des ungesichertem Drahtlosnetzwerks
»Deus«, das mir heute ein kurzes Checken der neuesten
Nachrichten auf spiegel.de ermöglicht. Du bekommst
ein Kaltgetränk Deiner Wahl, wenn Du mich in die Finger
kriegst!
Spiegel-Online meldet: »Umfrage-Blamage: Jedes
dritte SPD-Mitglied denkt über Parteiaustritt nach.«
Solange sie noch soviele hat …
In Ruhe surfen ist hier jedoch kaum möglich, denn so
langsam füllen sich die Reihen. Public Viewing im Freien
ist angesichts des Regens heute sicher kein Spaß, das
Hauen und Stechen daher hier anzutreffen. »Komm,
schnell, halt hier frei. Nein, da drüben sieht man besser
…« etc.
Erwähnte ich bereits, wie asig es angesichts des eingeschränkten
Sitzplatzangebots ist, mittels diverser sorgsam drapierter
Kleidungsstücke Sitzplätze für fünf noch
nicht Anwesende zu blockieren?
Meistens sitze ich wenn man reinkommt gleich rechts auf der
Bank in der Ecke. An so prominenter Stelle erntet man natürlich
regelmäßig giftige Blicke. Es ist aber auch reichlich
optimistisch zu erwarten, zwei Minuten vor Anpfiff noch einen
akzeptablen Sitzplatz ergattern zu können.
Gut – es muss nicht ein jeder so paranoisch wie ich
schon zwei Stunden vor Anpfiff da sein …
Das Ergebnis von Šljivovica gegen Winzersekt
lautet 2 zu 1.
Schelber suld: Denn wer hat denn 1991 Kroatien so fix die
Unabhängigkeit bescheinigt?
Beim Team-Tipp dümpele ich so im Mittelfeld rum. Alle,
die ich überredet überzeugt habe, mitzuspielen,
winkten dabei ab und beschwichtigten, sie hätten ü-ber-haupt
keine Ahnung von Fußball und tippten nur so nach Vorliebe.
Hey, das hab ich auch gemacht! (Poker? Das ist doch dieses
Spiel mit den fünf Karten?)
Hier ein Service für alle, die sich nicht so für
Fußball interessieren:
Ein herkömmlicher Fußball besteht aus zwölf
Fünfecken und 20 Sechsecken. Aus geometrischer Sicht
ist ein solcher Fußball ein abgestumpftes Ikosaeder,
also ein Ikosaeder, dessen zwölf Ecken zu Fünfecken
geebnet wurden.
So, damit müsste nun wirklich alles klar sein.
Freitag, 13. Juni 2008
Lieber Herr N24, bitte schicken Sie die dämliche Ische,
die vor und nach dem Wetterbericht im Namen und auf Rechnung
einer Berliner Flugfirma in die Kamera schwadroniert, man
müsste über den Wolken Urlaub machen können,
doch bitte mal wirklich nach da oben, damit wir sie nicht
sehen müssen, sie aber fühlen kann, dass es dort
50 Grad minus hat!
Samstag, 14. Juni 2008
Es gibt noch mehr wie Fußball auf der Welt. Daher waren
wir heute auf dem beliebten Kunsthandwerkerinnenmarkt in Jülich.
Außerdem mal gucken, wo Vati arbeitet. Noch.



Sonntag, 15. Juni 2008
Liebe Türken, ich nehme alles zurück, heute habt
Ihr Grund zum Hupen: Den sicheren 2-zu-0-Vorsprung der Tschechen
in den letzten Minuten zum 3 zu 2 gedreht zu haben, wird bestimmt
als das »Wunder von Genf« in Eure Geschichtsbücher
eingehen.
Apropos Geschichte: Nun stehen die Türken – nach
1529 und 1683 – mal wieder vor Wien.

Montag, 16. Juni 2008
Auf dem Spielplan steht Wiener Melange gegen Echten
Bohnenkaffee. Wikipedia zeigt schwarzen Humor: Der »Exzellente
Artikel des Tages« handelt heute von Córdoba
…
Schmach und Wunder spielten diesmal jedoch
mit vertauschten Rollen. Wie sagen die immer im Fernsehen:
Ein Tor täte dem Spiel gut. Irgendwann fiel's, Endstand
0 zu 1 für Deutschland – das hätte auch 0
zu 10 ausgehen können.
Dienstag, 17. Juni 2008
Pastis gegen Sambuca. Wenn im Parallelspiel
Rumänien (Was trinkt man da?) gegen die Niederlande gewonnen
hätte, hätten der Wel™meister und der Vizewel™eister
spielen können, wie sie wollen, dann wär's das gewesen.
So kommen nur die Azzurri und nicht Les Bleus weiter.
Hauptsache blau.
Wann spielt eigentlich England?
Mittwoch, 18. Juni 2008
Wodka gewinnt unerwartet gegen Aquavit, was
mir den erhofften Sprung an die Spitze des Teamtipps vereitelt.
Noch knapp zwei Wochen, dann bricht der Nichtraucherschutz
auch in nordrheinwestfälischen Kneipen aus. Endlich.
Das Quarzen nervt. Nicht dass ich nicht auch hin und wieder
gerne ein Pfeifchen schmauchte. Aber irgendwie kriege ich
es zuverlässig hin, stets im Dunstkreis des schlimmsten
Kettenrauchers im Lokal zu landen.
Gegen ein Zarettchen hie und da wäre ja nichts einzuwenden.
Aber wie so oft muss es ja übertrieben werden: Es wird
eine Zigge nach der anderen angesteckt, und wenn der eine
am Tisch fertig ist, fängt der nächste an. Wenn
die den Qualm wenigstens schön selbst wegatmeten –
aber nein, das meiste vergeuselt vom Aktivraucher uninhaliert
vorne an der Kippe.
In so Fällen geht es dann eben nur noch per Gesetz.
Ich hoffe, dass auch das Bundesverfassungsgericht ein Einsehen
hat und die Entscheidung nicht wieder kippt. Ich gehe auch
gerne mit raus auf den Balkon.
Donnerstag, 19. Juni 2008
Erstes Spiel des Viertelfinales, Portwein gegen Riesling.
Jogi Löw schaut sich das ganze zwangsweise in Ruhe von
der Tribüne aus an.
Im EM-Studio war das mit der Sicht auch so eine Sache. Denn
der Satellitenreceiver bescherte einige Störungen, von
grober Pixelung bis zu sekundenlangem Bildausfall. Hui, da
wurd's dann aber ungemütlich im Auditorium!
Es gibt übrigens kein »live« mehr: Früher
gab es mal den terrestrischen Fernsehempfang über eine
einfache Fernsehantenne, das war die direkteste Übertragungsform.
Per Satellit brauchte das TV-Signal dann schon ein paar Sekündchen
länger – was man verstehen kann, da es erst 37.000
Kilometer zu Astra hoch und dann 37.000 Kilometer wieder runter
in unsere gute Stube musste.
Der neueste Schrei ist DVB-T, also Fernsehen terrestrisch,
aber digital. Doch das dauert wiederum drei Sekunden länger!
Beim Fuppes sind das Welten. Die Nation jubelt also in verschiedenen
Zeitzonen: Während sich die Nachbarn schon weinend in
den Armen liegen, hat man selber noch nicht gesehen, dass
der Schütze überhaupt am Ball war. Das dann aber
in spitzen Bildqualität!
Ich habe die Regeln im Egmont-Team-Tippspiel ergänzt:
Dem letzten auf der Liste spendiere ich zum Trost einen Eisbecher.
(Was ich nicht bedacht hatte: Nun geht natürlich der
Wettstreit um den letzten Platz los, wer das Date mit mir
haben darf …)
Freitag, 20. Juni 2008
Happy Birthday, Winfried!
Wie man an der schwarz-rot-goldenen
Schmuckbeflaggung am Hansemann-Denkmal unschwer erkennen kann,
ist Deutschland im Halbfinale.

Ja was war das denn? Haben die Deutschen bisher geblufft?
Und die Portugiesen geblendet? Da spielen die 2 zu 3 –
ich hatte 3 zu 2 getippt. Das war zwar unpatriotisch, hätte
mich aber in akzeptable Regionen der Rangliste gebracht.
In der vergangenen Nacht hat man den Triumph auch schon vernehmen
können: Heerscharen patriotischer Proleten zogen »Deutsch-laaand,
Deutsch-laaaaand!« skandierend durch die Straßen.
Vielleicht sollte man ihnen verraten, dass es viel heroischer
klänge, wenn die Sprachmelodie gegen Ende nicht
in den Keller ginge. Ist dieses niveaulose Gegröle mit
bierschwerer Zunge nicht auch eigentlich Verunglimpfung eines
nationalen Symbols?
—
Nachts: Raki hat Šljivovica geschlagen,
schon wieder last minute. Die 118 Minuten davor waren endenwollend,
dann Tor, dann Gegentor und schließlich Elfmeterschießen
Netterweise wurde der Satellitenschüssel ein neuer LNB
spendiert, so macht das Public Viewing wieder Spaß.
Um einen friedlichen Verlauf der Spiele zu gewährleisten,
wird zu extremen Mitteln gegriffen, wie zum Beispiel hier:

Nazis müssen beim Fußball also draußen bleiben.
Ich finde, da sollten die auch sonst bleiben. Was mich ziemlich
verblüfft: Ein schlichtes, hektographiertes Blatt Papier
reicht aus? Mensch, wenn man das anno '33 gewusst hätte!
Leider zieht das Rudelgucken auch so ein paar Spinner an.
Die Tante nebenan nervt mit ihrem gemurmelten Selbstgespräch
schon ziemlich. Wahrscheinlich kann sie nichts dafür,
und es ist neurologisch. »Ich hoffe, die Stimmen
in meinem Kopf stören Sie nicht.«
Ebenso die Geier beim Tippspiel: Die Schlaumeier, die zehn
verschiedene Tippzettel in die Box werfen, werden eiskalt
disqualifiziert. Das Spiel (Spiel!) belohnt denjenigen, der
richtig tippt – nicht den, der die meisten Zettelchen
vollmalen kann.
Samstag, 21. Juni 2008
Auf der Straße kann es derzeit vorkommen, dass man
unterwegs zum Fuppigucken unversehens in eine coole Tanzperformanz
wie hier von »da motus!« stolpert:

Im Egmont spielt heute Genever gegen Wodka.
Auch wenn ich heute eigentlich für Oranje bin, habe ich
das rote Poloshirt angezogen – russischstämmigem
Servicepersonal zuliebe.
(Vielleicht sollte ich mir aber subversiv eine Fritte speciaal
vom Antalya-Grill nebenan bestellen.)
Sonntag, 22. Juni 2008
Sangria gegen Ramazotti. Doch diesmal nicht,
verehrte Italiener: 4 zu 2, si! Und diese Niederlage bringt
mich im Teamtipp auf Platz vier.

Montag, 23. Juni 2008
Im ersten und zweiten Stock sind Wohnungen zu vermieten.
Des Vermieters Sekretärin hat einen entsprechenden Zettel
an die Eingangstür geklebt: Wer Interesse hat, möge
doch bitte die angegebene Telefonnummer anrufen. Soweit üblich
und verständlich, oder? Welcher Honk hat denn dann heute
morgen um halb sieben geklingelt, um akzentuiert nach den
Details zu fragen? Telefone und Türklingeln weisen weltweit
standardisiert Merkmale auf, anhand deren man sie unterscheiden
kann.
—
Abends. Was tu ich bloß? Erster spielfreier Tag seit
zwei Wochen.
Mittwoch, 25. Juni 2008
Halbfinale, Ostfriesentee gegen Çay.
Die deutsche Taktik muss heißen: Die Türkei bloß
nicht unterschätzen, anfangs soviele Tore machen, wie
eben geht, und in den letzten Minuten mauern wie Ulbricht
anno '61. Die Türken brauchen keine Taktik – sie
sind bisher ja auch ohne eine ausgekommen … Ich hoffe,
es wird nach dem Spiel nicht allzu schlimm werden auf den
Straßen, egal ob Deutschland gewinnt oder die Türkei
verliert.
—
Später, während des Spiels: Die deutsche Mannschaft
hatte … krks …
+++ STÖRUNG +++ Wir bitten, den Bildausfall
zu entschuldigen +++ STÖRUNG +++ Aufgrund eines Geistesblitzeinschlags
sind die Leitungen unterbrochen +++ STÖRUNG +++ Wir bitten
um etwas Geduld +++ STÖRUNG +++
… krks … Da sind wir wieder. Die deutsche Mannschaft
hatte sich entschieden, mit der türkischen Taktik anzutreten
und erst mal ein Tor zu kassieren. Wobei: Ein Spiel täte
dem Tor gut …
Ich kenne mich ja nicht aus mit den modernen Spielsystemen,
wie zum Beispiel dem 4-4-2-, dem 4-5-1- oder dem 4-3-3-System.
Ich hätte ja auf das 4-3-2-1-meins!-System getippt, bekannt
aus der Grundschule, wenn alles hinter dem Ball her stürmt.
Irgendwann hatte eine höhere Macht ein Einsehen und
schleuderte einen Blitz ins Sendezentrum.
Das ZDF entschied sich nach einer Weile jedoch dafür,
die Übertragung des Béla-Réthy-Photos zu
unterbrechen und Szenen vom Spiel zu zeigen.
Für die Quote machen die wohl alles!
(Man muss es positiv sehen: Zum Glück haben die kein
Bild von Johannes B. Kerner eingeblendet.)
Dank des Fernsehbildes des Schweizer Fernsehens konnte die
Nation weitergucken. Wenn auch etwas zeitverzögert: Da
der Kommentator das Spiel per Telefon begleitete und das Bild
– entgegen sonst geltender Naturgesetze – länger
brauchte als der Ton, bis es an den Empfängnisgeräten
ankam, kommentierte er prophetisch wichtige Spielszenen bereits
lange, bevor sie zu sehen waren. (Kein Wunder, es war ja das
Schweizer Fernsehen …). Und alle fragten sich:
Woher weiß der das?!
Bis zum 3 zu 2 Endstand lag Hochspannung in der Luft. Auch
die Kellnerinnen und Kellner vollbrachten Höchstleistungen:
Rappelvolle Tabletts mit kühlenden Getränken durchs
jubelnde Volk zu bugsieren, verlangt begnadete Körper,
wenn parallel kein Wet-T-Shirt-Contest stattfinden soll.

Deutschland im Finale. Die Emotionen schlugen hoch. Zum Glück
ist auch abseits des Fußballfeldes alles glimpflich
ausgegangen. Tesekkür ederim und güle
güle.
Donnerstag, 26. Juni 2008
Morgens um fünf rannten draußen immer noch welche
mit »Super, Deutschland«-Rufen umeinander –
es gibt langsam Zeit dass die EM endet, geruhsamem Nachtschlaf
zuliebe.
Erster Ferientag in NRW. Jeder Schüler mit einer Eins
in Deutsch bekommt heute in der Mayerschen Buchhandlung gegen
Vorlage seines Zeugnisses einen Einkaufsgutschein über
fünf Euro.
Im Prinzip eine nette Idee. Nun ist es jedoch ziemlich schwer,
eine Eins als Endnote in Deutsch zu bekommen. (Bei einem anspruchsvollen
Deutschlehrer gibt es keine Einsen! Es sei denn, der
Schüler hieße Goethe, Kafka oder wenigstens Walser.)
Wer das schafft, hat bestimmt schon Berge von Büchern
zuhause – und sie auch gelesen. Wie wäre es denn
alternativ mit einem schnittigen Mofa, einer coolen Frisur
oder einem Abo fürs Fitti?
Fünferkandidaten hätten es sicher nötiger,
dass man ihnen mal ein Buch in die Hand drückt. Auf dass
dann zuhause die ganze Patchworkfamilie ratlos drumherum steht
und rätselt, was man damit wohl machen könnte
…

Sonntag, 29. Juni 2008
Finaaaaale! Jägermeister gegen Sherry.
Montag, 30. Juni 2008
¡Buenos dias y felicidades! Wie man an der schwarz-rot-goldenen
Schmuckbeflaggung in den Straßengräben unschwer
erkennen kann, ist die EM vorbei. »Zweiiiund-siebzig,
achtzig, sechsundneunzig, zweiii-tausendzwölf…«
Außerdem vorbei ist die Auslieferung von Windows XP,
dem ersten, einzigen und letzten Microsoft-Betriebssystem,
das einfach nur getan hat, was es sollte! Gute Nacht Freunde.
Was ich noch zu sagen hätte, reicht
für eine (letzte) Zigarette.
Zurück in die angeschlossenen
Funkhäuser. |