Samstag, 4. April 2003
Nach der Moral im letzten Monat kommt nun das Fressen.
Und zwar richtig. Musterknabe Jürgen Tarrach und Klaus
Ortner haben das Buch zum Thema geschrieben:
richtig fressen
Fein säuberlich nach Hauptspeisen, Nachtspeisen und
Fingerfood unterteilt liefern sie uns »Rezepte zum Sattwerden«
und amüsante Geschichtchen gleich dazu. (Unter anderem
prangern sie die Diskriminierung der Hummelkönigin an:
»Dabei sorgen die Hummeln genauso brav für ihre
Nachkommen wie die Ameisen. Nur sind sie einfach dicker, beißen
nicht, stechen nicht und fressen ihren Honig selbst.«)
Das ganze steht unter dem Motto, das auch ich mir gern zu
eigen mache:
Wenig muß es nicht sein, aber gut. Also, reinhauen!
Donnerstag, 10. April 2003
Ich traue dem Braten nicht. Die Saddam-Statuen werden zwar
geschleift, doch zu »Frieden« gehört noch
etwas mehr.
Denn wie haben wir als Kinder immer gesagt? – »Frieden!
Bis zum nächsten Krieg …«
Wollen wir hoffen, daß Bush nicht wieder in den Atlas
guckt: »Ei schau mal da, dieses Syrien ist ja gleich
daneben. Dieser Saddam könnte doch bei denen stecken.
Und wo wir schon mal da sind …«
Falls es so laufen wird, reklamiere ich Titelschutz für
den Begriff »Fliegenklatschenkrieg«: Auf der Jagd
nach einem Biest die halbe Wohnung verwüsten …
Freitag, 11. April 2003
Herr Jünemann, Kaffeepause! La-lala-lala-la ting-ting-ting.
Ja, Herr Becker, ich komme.
WDR2-Hörer kennen diesen Satz seit zehn Jahren, immer
kurz vor elf beziehungsweise zehn Uhr. Heute waren besagte
Herren mit ihrer Frühstückspause auf Tour im Aachener
Audimax.
Zweieinhalb Stunden kabarettistisches Material aus den letzten
zehn Jahren vom Feinsten. Aber auch tagesaktuell – und
arschwitzig:
»Der Bush will jetzt im Irak die Demokratie einführen.
Und wenn es da klappt, macht er es zu Hause auch.«
Im Anschluß gab’s für die circa 1.500 Besucher
typisch rheinisch ein Kölsch »aufs Haus«.
Samstag, 12. April 2003
Olympia 2012 muß also nach Deutschland. Nur
wohin genau ist man sich noch nicht einig. Die »Journalisten«
von MDR, NDR, WDR, HR und SWR überschlagen sich in den
letzten Tagen mit Sondersendungen, die vor Lokalpatriotismus
nur so triefen und von Verunglimpfung der Mitbewerberstädte
nur unwesentlich entfernt sind. Wie Sport nun mal ist. Es
wurde gekämpft wie im Krieg … ups!
— später:
And the winner is: Leipzsch. Losbrechender Jubel beim MDR.
Es fehlte nur ein Genschman aufm Balkon: »Wir sind
heute zu Ihnen gekommen, um Ihnen zu sagen, daß …«
Wollen wir hoffen, daß die Spiele genauso erfolgreich
werden wie die in Berlin. Damals, im Jahre 2000.
Donnerstag, 17. April 2003

Eine Folge des Krieges: Nicht mehr stündlich Stefan
Kloss auf der ARD. Das wird der neue Scholl-Latour. Wenn er
hoffentlich die letzten Scharmützel überlebt.
Samstag, 19. April 2003
Speziell unter Bäckereifachverkäuferinnen macht
sich derzeit eine neue Redensart breit, die ich immer öfter
höre, wenn ich ein Pfund Kleingeld auf den Tresen gewuchtet
habe: »Stimmt auffallend!«
Anfangs fand ich das ja noch schlagfertig und amüsant.
Hoffentlich breitet sich das aber nicht so pestilent aus wie
dieses »nicht wirklich«. Der Begriff der Wirklichkeit
wird da arg gepiesackt. Das muß nicht sein. Wirklich
nicht.
Ostermontag, 21. April 2003
Lieber Harald Schmidt, haben Sie schon Ihre Biographie
gelesen?
Heißt »Harald Schmidt – Eine Biografie«,
wie auch sonst.
Weil Er verständlicherweise kein Interesse an der Entzauberung
Seiner geschätzten Bio hatte und der Autorin Mariam Lau
– und dieses Adjektiv beschreibt das Buch ziemlich treffend
– die Mitarbeit verweigerte, bediente diese sich diverser
Schmidt-Interviews und stoppelt Zitate aneinander. An sich
nicht schlecht, leider unterbricht sie das andauernd mit eigenen
Wertungen, (Miss-)Interpretationen und (Fehl-)Einschätzungen.
Dankenswerterweise mit Quellenangaben. Besser allerdings,
sie hätte einfach all ihr Material abgedruckt. (Wirklich
wichtige Kommentare hingegen, die man von einer Frau erwarten
würde, fehlen jedoch. Zum Beispiel daß ihm sein
brauner Anzug nicht steht.)
Außerdem strotzt das Buch vor handwerklichen Fehlern:
- 1955 gab es den SWR noch nicht.
- Titanic erscheint nicht wöchentlich.
- Autor Peter Hütten schreibt sich Peter Rütten.
- Dietls Film heißt »Late Show«
und zwar nur so, genau so und nicht jedes zweite Mal »Late
Night«.
- Jürgen von der Lippes Sendungen hießen »So
isses?« und »Wat is?« und keine
einzige »Wie isses?«.
Geld für einen Lektor war scheint’s nicht da.
Manchmal hätte es aber auch schon die Rechtschreibkontrolle
von Word getan:
- Homage schreibt sich Hommage.
- Der Bischof hat nur ein f, Kalle Rummenigge
dafür zwei m.
- Der Stadtteil von Köln (am Rhein) heißt Mülheim,
und Mühlheim liegt an der Ruhr.
Und das sind nur die Sachen, die mir ins Auge gestochen haben,
ich habe nicht danach gesucht.
Viele interessante Detail erfährt man ohnehin in der
Show vom Meister selbst. Was Er hin und wieder in seiner Sendung
durchblicken läßt, ist x-mal interessanter. Zum
Beispiel, daß Er einen Jaguar namens K-RM 356 fährt,
mit kaputtem Rücklicht (»für tausend Mark!«).
Vielleicht sollte sich mal einer die Arbeit machen, all diese
Anekdoten zusammenzuschreiben. (Ich zeichne ja jede Seiner
Sendung auf, um sie tags drauf in Ruhe und Wachheit bei Tageslicht
anzusehen. Und um die Empfehlungen im Werbeblock in Zeitlupe
notieren zu können …)
Wie muß es sich wohl anfühlen, so einen Murks
über sich zu lesen? Nachdem anfänglich das Ego noch
ein bissel weiter geschwollen ist, haut’s einem doch
da später das Frühstück wieder raus, oder?
(Falls Sie wider Erwarten einmal Gast auf meiner unbescheidenen
Seite sein sollten, Herr Schmidt, erwarte ich Ihre
werte Stellungnahme.)
Wie jemand erwarten kann, dieses Geschwurbel hätte
autorisiert werden können, ist mir ein Rätsel. Nuja,
ein Gutes hat es ja: Ich hatte hier mal wieder tüchtig
was zu schreiben …
Donnerstag, 24. April 2003
Unfreiwillig Zeuge eines Busgesprächs lautstark Pubertierender
geworden:
»Ich spare fünfzehnhundert Euro. Fürn Führerschein
un en Auto.«
Das Auto möchte ich sehen!
»Alter, wenn ich 18 bin, geh ich mir nen SLK holen.«
Der Knabe wird feststellen müssen, daß das
Hingehen und Holen im Gegensatz zum Bezahlen
verhältnismäßig leicht ist und es mit seinem
Restgeld wohl nur für die Matchbox-Ausgabe reichen wird.
Doch dann traf ihn unvermittelt eine Ahnung von Realität:
»Hey, das is ja erst in fünf Jahren. Da is der
SLK bestimmt schon out.«
Für das Protokoll:
Informationsminister Tommie Langs
»Gehen Sie bitte weiter,
hier gibt es nichts zu sehen!« |