Freitag,
1. Oktober 2004
Glückwunsch, der Uhu ist der Vogel des Jahres 2005.
(Dafür haben die Geld …)
Samstag, 2. Oktober 2004
Da sage noch einer, im Einzelhandel tue sich nichts, es fehle
an neuen Ideen. Karstadt zum Beispiel überrascht uns
mit seiner drohenden Pleite. Wer hätte das gedacht. (Keine
Angst um die Arbeitsplätze, die werden nicht sofort gestrichen.
Sondern erst abgebeizt und grundiert.)
Doch die Innenstädte veröden zusehends:
Zu
Karstadt gehören auch der Quelle- und der Neckermann-Versand.
Das bedeutet, es gibt wohl zukünftig keine dicken Kataloge
mehr. Ist sich jeder der sozialen Folgen bewusst? Hunderttausende
Arbeitslose sind ihrer kostenlosen, anregenden Vorlagen für
einsame Stunden beraubt!
Früher konnte ich Karstadt und Kaufhof nicht auseinanderhalten,
ich kannte sie nur aus Trier und dort kann man direkt von
dem einen in den anderen gehen.
Ich bin daher gespannt, ob es dem Kaufhof demnächst
ähnlich ergehen wird. Wie an dieser Stelle schon öfter
berichtetet, zieht dieser in der Nachbarschaft einen fetten
An- und Aufbau als hippe »Galeria« hoch, der mich
tagsüber mit Ohropax am Rechner sitzen lässt und
neuerdings auch nachts.
Horten, das wie Kaufhof zum METRO-Konzern gehörte, war
früher mal ein super Warenhaus, in dem es bezahlbar alles
gab und man alles fand. Seit ein paar Jahren nennt es sich
L-Store – oder wie der Volksmund sagt: Lust-for-life
– und ist ein überteuerter Schickimicki-Wohlfühl-Shopping-Erlebnis-Laden,
kotz.
Sonntag, 3. Oktober 2004
Deutsche Einheit auf Sonntag – dieses Jahr ist aber
arbeitnehmerfeindlich eingestellt. Und dafür zahlen wir
Soli?!
Dienstag, 5. Oktober 2004
Bin ich eigentlich der einzige, der ob der Totengräberserie
»Six Feet Under« nicht laut hurra! schreit?
Nachdem diese Serie lange vor dem Start als »die Sensation
aus USA« angekündigt worden war, erwartete ich
wer weiß was.
Doch wie enttäuschend, der einzige Unterschied zu den
sonstigen Feld-, Wald- und Wiesenserien ist, dass die Protagonisten
in einem Bestattungsunternehmen arbeiten. Und dass nicht ein
paar süße Kinder im Krabbelalter mitspielen, sondern
am Beginn jeder Folge kräftig gestorben wird. (Und zwar
auf jeweils plötzliche und ulkige Weise: beim Onanieren
erhängt, vom Golfball am Kopf getroffen, von einer Brotdose
erschlagen. Was ist denn aus Krankheit, Siechtum und Altersschwäche
geworden? Nicht jeder Todesfall verdient den Darwin-Award.)
Das mitspielende Personal ist eine Anhäufung schräger
Gestalten in einer ganz normal gestörten Familie mit
ein paar Leichen mehr im Keller als andere:
Die depressive, verklemmte Mutter Ruth führt nach dem
Tod ihres Mannes zunächst eine ungelenke Beziehung mit
einem tantenhaften Frisör und dann mit einem bulligen
Floristen, der von der Russenmafia verfolgt wird. Der Sohn
Nate, todgeweiht wegen einer Geschwulst im Hirn, hat ein uneheliches
Kind, aber nicht mit seiner Verlobten Brenda, die sexsüchtig
fickt, was nicht rechtzeitig auf den Bäumen ist, und
auch sonst nicht weiß, wohin mit sich. Der andere Sohn
David und Keith, der Cop mit der kriminellen Schwester und
der vernachlässigten Nichte, sind ein schwules Pärchen,
das sich zofft wie jedes andere Ehepaar auch, nachdem David
ewig für sein Coming-Out gebraucht hat. Die Tochter Claire
erprobt ständig Drogen und die Geduld ihrer Mitmenschen,
indem sie andauernd miesgelaunt in den Tag pubertiert, was
niemand sehen will, und wenn doch, findet er Anschauungsmaterial
an jedem informellen Jugendtreff. Federico ist der puertoricanische
Angestellte, der ein Gott der Thanatopraxie ist, aber chronisch
ausgebeutet wird und seinen Frust darüber an seiner Familie
auslässt. Habe ich wen vergessen? Ach ja, das Psychiaterehepaar
mit seiner sehr offenen Beziehung, und dem psychisch kranken
Sohn, bei dem nicht klar ist, ob er gemeingefährlich
oder nur bedauernswert ist.
Alles in allem eine ganz normale Familie eben.
Bei diesem Pandämonium braucht es im Grunde keine Drehbuchschreiber
mehr. An meiner liebevollen Auflistung mag man erkennen, dass
ich sie trotzdem ins Herz geschlossen habe. Doch wer hat eigentlich
in die Welt gesetzt, es handle sich dabei um eine Comedy?!
Einzig witzig und erhellend ist das sporadische, aber viel
zu seltene Auftreten den toten Vaters. In Sachen Lustigkeit
und schwarzem Humor schlägt die Miniserie »Der
Tod ist kein Beinbruch« von den Missfits »Six
Feet Under« um Sarglängen.
Was aber wirklich bescheuert ist: VOX sendet vor jeder Folge
einen kurzen Zusammenschnitt als Teaser, so dass auch das
letzte bisschen Überraschung ausgemerzt wird.
Dienstag, 12. Oktober 2004
Der Gewinner des 15-Mio-Lotto-Jackpots steht fest. Er kommt
aus … Nordrhein-Westfalen. Da bin ich noch mit
im Kreise der Möglichen. Er wohnt sogar in Aachen!
Es wird schon heißer … Er ist Programmierer.
So nenne ich mich auch, jetzt wird’s spannend. –
Doch: Er ist 48 Jahre alt.
Mist, so nah dran war ich noch nie, mir fehlen bloß
15 Jahre …
Ob ich denn tauschen wollte? 15 Jahre gegen 15 Mio? –
Nee! Aber ein Jährchen für ein Milliönchen
gäbe ich vielleicht her …
—
Moment, grad haben Teufel, Mephisto und Satan angerufen,
ich soll irgendeinen Wisch mit Blut unterschreiben und ihnen
dann faxen …
Donnerstag, 14. Oktober 2004
Es gibt sie noch, die Bahn-Fahrkarten-Automaten mit Barzahlung.
Zielbahnhof eintippen, bezahlen – fertig.
Nicht dieser hartzviereske Fragenkatalog an den neuen Geräten
mit eingebauter Kartenzahlung. Was die nicht alles wissen
wollen: Wohin, an welchem Tag, um wieviel Uhr, ob mit BahnCard,
wenn ja mit welcher, in welcher Klasse und ob man auch wieder
zurückkehren will. (Ein Glück, dass sie einen nicht
auch noch nach dem letzten GV fragen, das wüsste ich
nämlich nicht mehr …)
Nachdem man alles an so einem dämlichen Touchscreen
eingetippt hat – ich hasse es, auf Bildschirmen rumzutatschen
–, muss man seine EC-Karte irgendwo reinschieben, doch
meistens wird sie nicht auf Anhieb geschluckt, und man darf
das Prozedere nochmal von vorne anfangen.
Die Lautsprecher-Unterhaltung in der Bahn von Aachen nach
Köln (am Rhein) war dafür vom Feinsten: »Essen –
Gevelsberg – Wuppertal – Solingen – Leverkusen«
statt »Stolberg – Eschweiler – Langerwehe
– Düren – Horrem« … Tz, die
kriegen so eine Ansage nicht gestoppt, aber ich soll deren
Automaten kapieren. Zum Glück riet die Stimme auf dem
Band nicht auch noch, auf welcher Seite man aussteigen sollte,
denn das hätte unschöne Szenen verursacht, wenn
der Thalis auf dem anderen Gleis vorbeirauscht. (Vielleicht
sind all die Selbstmörder, die die Bahn AG schon mal
als Grund für ihre Verspätungen vorschiebt, in Wirklichkeit
ja lebensfrohe Optimisten, die nach einer Durchsage bloß
auf der falschen Seite des Zuges ausgestiegen sind …)
Überfüllte, verspätete Züge. Was kann
die Bahn dafür, dass sie so beliebt ist. (Jedenfalls
bei Selbstmördern.) Aber für die modernen Waggons
kann sie sehr wohl etwas: Mit rauhem Teppich bespannte Hartholzplatten
als Sitzgelegenheit und ein niederfrequenter Pfeif-bis-Brummton
beim Anfahren und Abbremsen, der einem die Plomben aus dem
Gebeiß oszilliert, rechtfertigen nicht deren hohe Preise.
Da lobe ich mir die uralten, aber auch urgemütlichen
Wagen aus den 60er Jahren mit den federnden roten Kunstledersitzen
und dem Gequietsche und dem Durchzug.
Sonntag, 17. Oktober 2004
Bahnfahren birgt immer wieder Überraschungen. Auf der
Rückreise heute hatte sowohl der Zug von Gerolstein nach
Köln (am Rhein) als auch der von Köln (am Rhein) nach Aachen Verspätung.
Mit der Folge, dass ich früher zuhause war!?
Montag, 18. Oktober 2004
DER SPIEGEL 43/2004, Seite 181:

Den kenn ich!
Thursday, October 21st, 2004
»With the launch of SPIEGEL INTERNATIONAL, SPIEGEL
ONLINE brings you the best of Europe's leading newsmagazine
and its award-winning Web site.«
Nein, so ein Zufall. SPIEGEL-ONLINE erscheint nun auch auf
englisch, und ich habe gerade meine Homepage auf deutsch umgestellt.
The TL Pages sind nun die TL Seiten und auch
das Secret Cookbook gibt’s nicht mehr –
wer kocht schon gerne Sekrete?! –, ab sofort wird in
TLs Geheimem Kochbuch auf deutsch gekocht.
Ich habe gerade ein Déjà-vu:
Das Einstellen der Sendung wäre eine schöne Gelegenheit
für TV-genial, den Beschreibungstext zur Feier des Tages
mal zu ändern …:

Dienstag, 26. Oktober 2004
»… am heutigen Dienstag werden wir auf dem
neuen Parkdeck des Kaufhofes Glättarbeiten durchführen.
Diese Können sich witterungsbedingt in die Nachtstunden
hinziehen …(sic)«, schrieben heute die nesseler
grünzig bau gmbh und die HOCHTIEF Construction AG per
Postwurfsendung an die Anlieger. In der Tat, die damit verbundene
Lärmentwicklung, sie zieht sich hin.
Ich frage mich, auf was für eine Witterung die es abgesehen
haben. Hält Estrich besser bei Vollmond um Mitternacht?
Ich hoffe, die veranstalten da oben keinen bauingeniösen
Satanistenkongress. Mit toten Katzen und kopflosen Hühnern.
Oder fünfundzwanzigjährigen Jungfrauen. Wobei, die
zu organisieren wär echt zu schwer …
Mittwoch, 27. Oktober 2004
Happy 65th Anniversary, John Cleese!
Zur Feier des Tages habe ich mir die remasterte DVD von »Der
Sinn des Lebens« angeschaut, dem besten Monty-Python-Film.
Das nur als Anregung für all die, die nie über »Das
Leben des Brian« hinausgekommen sind – der
Sinn des Lebens geht noch tiefer. Einer der wenigen echten
Kultfilme. (Mittlerweile ist »Kult« ja zu einem
blassen Etikett geworden, das auf jeden Quatsch gepappt wird,
um mehr davon zu verkaufen.)
Die Bildqualität ist vom Feinsten, die deutsche Sprachfassung
aber entsetzlich: Man hat den Film nämlich komplett neu
synchronisiert, um auch alle Dolbi-5.1-dts-THX-Sperenzchen
verwirklichen zu können. (Solange ich keine fünf
Ohren habe, brauche ich auch nur zwei Lautsprecher.)
Blöd allerdings: Die Stimmen stimmen nicht mehr! Wegen
Tod und überzogener Geldforderungen waren einige Sprecher
nicht mehr verfügbar, also griff man auf den unvermeidlichen
Lutz Mackensy und den fürchterlichen Udo Schenk zurück.
Auch die Sprecher, die gleich geblieben sind, sind über
die Jahre hörbar älter und lahmer geworden. Außerdem
wurden Passagen neu übersetzt. Bei einem Film, den man
auswendig aufsagen kann, grenzt das an Kulturbolschewismus.
Aber es gibt ja die englische Tonspur.
Donnerstag, 28. Oktober 2004
Herzlich willkommen auf der Welt, Jakob B.!
Freitag, 29. Oktober 2004
Nun, Jakob, in ein paar Jahren wirst Du sicher danach fragen,
wie es dazu kam, daher fasse ich es in Worte, die in Zukunft
vielleicht besser verstanden werden:
Dein Administrator (Papa) hat sich vor ungefähr neun
Monaten ins lokale Netzwerk eingeloggt, STRG + V gedrückt
und sein PlugIn ins Betriebssystem vom Mainboard (Mama) installiert.
Ein Glück, die beiden sind kompatibel! Nach Durchlaufen
von einigen Installationsroutinen gibt es nun ein Backup mit
neuer IP-Nummer, das heute auf wireless geschaltet und zum
ersten Mal mit frischem BIOS gebootet wurde. Für 24-Stunden-Hotline-Support
in der nächsten Zeit ist durch ein redundantes RSS-Feed-System
gesorgt.
Nein, in Wirklichkeit war es ganz anders. Jedenfalls die
Geburt an sich. Es war nämlich die schnellste und problemloseste,
von der ich je gehört habe:
Um 18:00 Uhr gestern rief mich der zum zweiten Mal werdende
Vater an, die Wehen seien im Gange und ich solle mich bereithalten.
Ich habe mich nämlich bereiterklärt, während
der Niederkunft aufs große Schwesterchen (1 ½)
aufzupassen. Um viertel vor acht kam der berühmte Anruf
– nebenbei mein kürzestes Telefonat: »Es
ist soweit.« – »Ich gehe los.«
Um halb neun sah ich die junge Familie zum letzten Mal dreiköpfig,
dann fuhren die Eltern ins Geburtshaus. Ich bespaßte
Schwesterlein noch ein wenig, bis es sich klaglos zu Bette
bringen ließ. Darauf eingestellt, die ganze Nacht und
auch den folgenden Tag als Babysitter zur Verfügung zu
stehen, hatte ich mir schon den Tierpark als Programm ausgedacht.
Da war ich einigermaßen verblüfft, als mich der
neue Papa um viertel vor elf anrief: »Wir wären
dann soweit fertig …« und die Familie um kurz
nach eins plötzlich zu viert wieder vereint war. Junge,
Junge, eben noch mit dickem Bauch aus dem Haus gegangen und
kurz darauf mit kleinem Menschen zurückgekommen –
ich war ja fast bei der Geburt dabei! Und die Mutter sah prächtig
aus – hätte ich nicht den Inhalt des Maxi-Cosi
gesehen, wäre ich sicher gewesen, die geht jetzt noch
tanzen.
Das nur als Beruhigung für alle werdenden Mütter,
die im Vorfeld ihrer Niederkunft von wohlmeinenden Verwandten
mit allerlei Horrorstorys versorgt werden.
Samstag, 30. Oktober 2004
Feuchte Schlüpfer im deutschen Feuilleton: Harald Schmidt
kommt zurück! Wieder heim zur ARD. Die nehmen ihren Auftrag
zur Grundversorgung im Rundfunkstaatsvertrag verdammt ernst.
Dazu dient also die vieldiskutierte GEZ-Erhöhung.
Apropos GEZ: Ich würde denen gerne was dafür zahlen,
wenn ich nicht mehr an jeder Ecke irgendwelches Gedudel
hören müsste.
Sonntag, 31. Oktober 2004
Die Sparkassen feiern Halloween, die Amerikaner feiern Reformationstag,
die Protestanten feiern Weltspartag – was machen eigentlich
die evangelischen Banker in Amerika heute?!
Mir egal. Ich bin heute wieder in die Heimat gefahren. Diesmal
nicht mit dem Zug, denn ein ganz netter Mensch hat mir sein
Automobil geliehen. (Zum Dank kaufe ich ihr dafür etwas
gaaanz teures. Eine Tankfüllung.)
Die frühmorgendliche Autofahrt durch und in die Eifel
war jedoch ereignisreich wie mit der Eisenbahn:
- passend zum Ende der Sommerzeit gab es eine Menge glitschiges
Herbstlaub
- außerdem eine Waschküche mit teilweise unter
50 Metern Sicht
- die Straße Strauch–Kesternich war komplett
gesperrt
- von Kesternich bis runter zum Rursee eine kilometerlange
Ölspur
- Baustelle in Schleiden
- Treibjagd bei Sistig
- in Schmidtheim Baustelle
- Fahrbahndeckenerneuerung vor Stadtkyll
- in Jünkerath ebenfalls Baustelle (und dort auch
bitter nötig) sowie Kürbismarkt
Außerdem gab es diese entsetzlichen Sonntagsfahrer.
Schließlich war Sonntag – und ich unterwegs …
Wer des allgegenwärtigen Norah-Jones-Gesäusels
überdrüssig ist und trotzdem Lust auf junge Sängerinnen
hat, dem rate ich zum Kauf der CD »White Turns Blue«
von der norwegischen Künstlerin Maria Mena.
(Ja, man kann CDs auch noch kaufen! Allerdings ist
man zwischen den Regalen im SATURN inzwischen sehr einsam.)
Insbesondere empfehle ich das Stück »You're
The Only One«, mit Repeat 1 in Endlosschleife …
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Johann Gambolputty de von
Ausfern-schplenden-schlitter-crasscrenbon- fried-digger-dingle-dangle-dongle-dungle-burstein-von-knacker-thrasher-
apple-banger-horowitz-ticolensic-grander-knotty-spelltinkle-grandlich-
grumblemeyer-spelterwasser-kurstlich-himbleeisen-bahnwagen-gutenabend-
bitte-ein-nurnburger-bratwustle-gernspurten-mitz-weimache-luber-hundsfut-
gumberaber-shonedanker-kalbsfleisch-mittler-aucher von Hautkopft
of Ulm
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