Donnerstag, 1. Dezember 2005, Türchen
No. 1
Na, was hattet Ihr denn heute morgen im Adventskalender?
Nichts?! Frechheit! Ihr habt gar keinen?! Ein Skandal! Aber
wenn es wen tröstet, ich auch nicht.
Dienstag, 6. Dezember 2005
Der Nikolaus war da! Wäre ich brav gewesen, hätte
ich sicher auch etwas im Stiefelchen gefunden. Er hat mir
zwar nichts mitgebracht, aber dafür lieben jungen Freunden.
Dieser Herr hier macht es richtig:
Hinlaufen – einsacken – weglaufen – Beute
überprüfen!
Mittwoch, 7. Dezember 2005
Es ist wieder Blindbackzeit! Heute gab es sogar das erste
BlindBake zu viert.

Freitag, 9. Dezember 2005
Der Abend war erfreulich unverplant: Ich hätte erneut
zum Wortgefecht in die Raststätte gehen können.
Aber Rezeption ist im Moment meine Sache nicht, eher Produktion.
(Den Gag mit Reproduktion erspare ich uns jetzt mal geflissentlich
…) Ich habe den Pötrie-Slämm aber geschwänzt
und war bei meiner einen befreundeten Kleinfamilie. Die richtige
Entscheidung, wir konnten beim Rotwein noch mal so richtig
nett plaudern.
Tja, man kann nur spontan sein, wenn man vorher etwas Freizeit
einplant. Irgendwie wird die Zeit vor Weihnachten von Jahr
zu Jahr immer knapper. Komisch eigentlich, denn die Stunde
hat nach wie vor 60 Minuten. Oder hat man sie gekürzt,
und nur ich hab es nicht mitbekommen? Eine interessante Frage
für meinen Therapeuten. Wenn nicht gar für meine
Physiotherapeutin.
Samstag, 10. Dezember 2005
Da ich das ganze (!) Wochenende keine Termine oder Verabredungen
habe, konnte ich gleich die nächste richtige Entscheidung
treffen: Ich bin in die Eifel gefahren, um mir den Gerolsteiner
Weihnachtsmarkt zu geben. Der ist zwar auf zwei Tage zusammengeschnurrt,
dafür aber umso gemütlicher, mit hand- und mundgemachter
Musik, Feuerwerk und lieben Bekannten. (Lange hat man den
Flecken nicht mehr so voll gesehen.)

Ich traf unter anderem – nach zehn Jahren erstmalig
– meinen einen Jugendschwarm wieder. (Der, den ich am
20. August aus gegebenem
Anlass schon mal kurz erwähnt habe: Die längst vergessene
Flamme, die mir die sechs unvergesslichen Lottozahlen gegeben
hat – und deren tiefere Bedeutung ich bis heute nicht
kenne …)
Die Reise barg zunächst Unbill in sich: Ein Teil der
kürzesten Strecke quer durch die Eifel war gesperrt.
Da die Sonne morgens sehr tief stand, konnte ich die Empfehlung
auf dem Umleitungsschild nicht erkennen – und bin prompt
links statt rechts gefahren. Habe mich – ganz Mann –
auf mein Bauchgefühl verlassen. Das hat auch gestimmt,
aber mein Bauch kannte nicht die Verzweigungen des Rursees
…
Dies war aber nur kilometermäßig ein Problem; landschaftlich
und photographisch war es ein Gewinn. Als ich dem Rursee nahe
kam, zeigte sich das Tal gefüllt mit weißestem,
von der Sonne beschienenem Nebel. Herrlich! Da hätte
ich Wanderer über den Nebeln gerne eine photographisch
versierte junge Dame dabei gehabt zu einer Photosession.
(Nicht so toll war, dass ich anschließend durch dieses
kurvenreiche Nebelmeer hindurchfahren musste …)
Montag, 12. Dezember 2005
Doch das ruhige und trotzdem abwechslungsreiche Wochenende
ist Geschichte. Weihnachten droht nach wie vor. Zum Glück
hab ich die Schenkerei abgeschafft. Vielleicht was Kleines
für die Eltern. (Enkelchen? Höhöhö …)
Und natürlich Plätzchen sonder Zahl! Das sollte
aber in den nächsten Tagen nochmal klappen, zu zwein
oder allein.
Ich muss mir allerdings noch was für die Gegenfinanzierung
der Bäckerei ausdenken, denn ich habe eben in der Metro
hömmele Geld für Vanilleschoten ausgegeben. Hat
jemand eine Ahnung, was die zur Zeit kosten? Im Plus über
drei Euro pro Stängchen. Da sind Stücker 25 für
32 € doch nun wirklich ein Schnäppchen, oder …?
Ach ja, sollte jemand noch Vanilleschoten brauchen: Bitte
melden.
Mittwoch, 14. Dezember 2005
Vorletzten
Monat ließ ich mich doch leichtfertig über die
lokalen Sagengestalten im Allgemeinen und den Bahkauv im Besonderen
aus. Sträflichst unterließ ich es jedoch, aufzuklären,
wer oder was der Bahkauv eigentlich ist.
Erleuchtung folgt: Es ist dieses lindwurmähnliche Vieh,
dessen Denkmal auf dem Büchel von grausigen Taten zeugt.
Der Sage zufolge haust er/sie/es in den unterirdischen Bächen,
springt späten Zechern seit alters her auf den Buckel,
bestiehlt sie und lässt sich von ihnen nach Hause tragen.
(Prima eheliche Ausrede übrigens: »Warum kommst
Du so spät? Und wo hast Du denn all Dein Geld gelassen?
In der Wirtschaft?« – »Nein Schatz, natürlich
nicht, der Bahkauv hat’s mir geklaut!«)
Ich dachte, weil wir uns nun doch schon so lange kennen
und er mich bisher unbeschadet passieren ließ, drohe
mir keine Gefahr: Doch weit gefehlt, trotz aller freundschaftlichen
Anwandlungen geschah es, dass feuchtes Kopfsteinpflaster und
mittelmäßige Schuhbesohlung keine innigliche Verbindung
eingehen wollten und ich mich langlegte, dabei aber auch noch
unglücklich auf den Ballen meiner linken Hand fiel. Also
wenn das nicht des Bachkalbs schändliches Werk war!
Vielleicht ist das alles aber auch bloß Aberglaube,
und es gibt einen vernünftig belegbaren, unzweifelhaft
plausiblen, sachlich nachvollziehbaren und wissenschaftlich
untermauerten Grund für meinen Sturz: Die Schwerkraft
war heute Abend einfach nur besonders intensiv!
Für diese These spricht auch, dass am früheren
Abend im halbstündigen Abstand gleich zwei Weizenbiere
vom wie stets beflissenen Servicepersonal ungewollt gen Erdmittelpunkt
steuerten. Eines davon nur unwesentlich gebremst von einer
Lage schwarzen Jeansstoffs, der sich unglücklicherweise
um meine Oberschenkel schlang …
Doch ich verdrehe die Reihenfolge, zuerst war ich ja auf
diesem grandiosen Duogene-Auftritt im E., danach erst fiel
alles zu Boden. (Am 4. Februar 2006 spielt Neogene [Duogene
extended] übrigens im Jakobshof – hingehen!)

Donnerstag, 15. Dezember 2005
BlindBake 2/2005 – es war mal wieder ein cooler Backabend.
Auch wenn strenggenommen nicht gebacken wurde: Festes (Plätzchenteig!-)Kneten
geht nämlich nicht wegen meiner lädierten linken
Hand. (Abwehrverletzungen gegen den Bahkauv. Nee, klar, ne?)
Wir haben daher Rumkugeln gemacht, mit echtem Strohrum, dem
mit 80-perzentigem Alkohol, den es in Deutschland gar nicht
zu kaufen gibt. Yohoo – und ne Buddel voll Rum!
Man musste die Rumkugeln einfach nur rumkugeln. Zack, und
schon füllt sich wieder die Kalauerkasse! Auf jeden Fall
hat jetzt jeder einen Haufen leckerer kleiner Kügelchen
– geile Teile: Mal sehen, ob die süßen Dinger
bis Weihnachten halten. Ich glaube das kaum, sondern dass
vielmehr ich ganz bald das einzige sein werde, was hier noch
rumkugelt … (Die Kalauerkasse platzt gleich.)

Und nun rate man, welches Objektiv sich letzte Woche wohl
zu dem normalen und dem Tele hinzugesellt hat.
Freitag, 16. Dezember 2005
Eigentlich wollte ich doch einmal einen Facharzt wegen meiner
Hand aufsuchen. Die Physiotherapeutin meines Vertrauens ferndiagnostizierte
aber »nein, nicht zum arzt (männer …)
kühlen und drei tage warten«.
(Hey, was soll denn das? Wir sind zwar wehleidig, aber normalerweise
drücken wir uns doch um Arztbesuche. Ist es nicht eigentlich
typisch für Männer, dass sie nicht nachm Aatz gehen
– und aus falsch verstandenem Heldentum ihre Bronchitis
verschleppen und gebrochene Nasen falsch wieder zusammenwachsen
lassen?)
Und die Beschwerden sind tatsächlich um einiges geringer
geworden. Dafür tut mir jetzt der rechte dicke Zeh weh
– Symptomverschiebung?!
Ich hatte ohnehin wenig Lust, mich so terminlos wie ganztags
zum Orthopäden, einer chronisch überlasteten Arzt-Spezies,
ins Wartezimmer zu hocken und uraltillustriertenlesend auf
die Gnade einer Audienz warten zu müssen. (Obwohl, wär
bestimmt spannend gewesen, zum ersten Mal als Privatpatient.
Vielleicht hätten sie auch den roten Teppich ausgerollt
und mich mit Sekt und Häppchen begrüßt: »Wie
gut dass Sie kommen, wir haben extra auf Sie gewartet!«)
Stammleserinnen
und Stammleser erinnern sich bestimmt noch an meinen CD-Tipp
vom letzten Jahr: Missy
Higgins, die schöne junge Australierin mit der tollen
Musik (und der netten Frisur), von der ich durch Zufall was
im Netz erfahren habe. Außer mir scheint die in Deutschland
wohl immer noch keine Socke zu kennen.
Da es ihre CD auch noch nicht in die Charts geschafft hat
– was ja eigentlich ganz gut ist, so wird sie nicht
totgedudelt – muss ich hier noch ein bisschen missionieren
(besser: missyonieren): Kaufen!
War abends im »Rainbow«, einer Kneipe, die ihre
Kundschaft und Crew augenscheinlich aus eher gleichgeschlechtlicher
Klientel akquiriert. An sich ganz nett spielten zwei Spanier
sehr gitarrig und querflötig weihnachtliche Melodeien.
Aber da ich grad mitten im Satz war, plapperte ich einfach
weiter, obwohl die Live-Musik schon begann. Nach empörtem
Zischen vom Nebentisch hielt ich dann indigniert meine Klappe
– ich hatte keine Ahnung, wie intolerant Schwule sein
können …
Samstag, 17. Dezember 2005
Bei meinen Samstagen manifestiert sich typischer Ablauf:
Zunächst zieht es mich in die Mayersche Buchhandlung,
obwohl ich die feste Regel habe, mir kein neues Buch zu kaufen,
bevor ich das vorangegangene nicht wenigstens ansatzweise
gelesen habe – gegen die ich aber ebenso regelmäßig
verstoße. Der heutige Erwerb dürfte sogar sehr
lohnend gewesen sein und sich in die aus dem eben Genannten
resultierende Angewohnheit fügen, Bücher nur kursorisch
zu lesen: »Schotts Sammelsurium Essen und Trinken«
Wie Samuel Johnson zu fragen pflegte: »Sir, lesen
Sie Bücher etwa ganz?« Danach geht's dann ins
Delhaize, irgendwelche Leckereien kaufen, deren mein Spind
ohnehin ausreichend habhaft ist. Zum krönenden Abschluss
nehme ich dann im Besitos das Dreier-Tapas-Menü mit Getränk
für Fünffünfzig zu mir, welches heute besonders
delikat war: Entenbrustsalat mit Orange, Tomaten-Knoblauchbrot
und Gemüsekroketten mit Dip. Das nur zur Info, falls
mich mal wer samstagsmittags suchen sollte.
Samstag, 20:15 Uhr, schönste Couchpotatoezeit. Doch
ich sitze nicht auf der weichen Knautsch, sondern nebst Notebook
auf hartem Gestühl in einer aus unzähligen Erzählungen
wohlbekannten Lokalität. Da mein Hauptakku fast leer
ist, werde ich nicht allzu lange ausharren – meine Leber
wird es freuen.
Als ich eben reinkam, wollte ich schon direkt wieder gehen:
Es ist natürlich rappelvoll, wie es sich gehört.
Aber zur Begrüßung ist gleich ein Gast kollabiert.
Ich hingegen wäre wohl kollabiert, wenn anschließend
meine Lieblingsbedienung aus dem Besitos hier reingeschneit
wäre zur Reanimation, denn sie arbeitet auch im Rettungsdienst.
Es waren aber andere Sanitäter. (Sie hat sich heute Mittag
noch beschwert, wo ich denn bliebe. Immerhin war ich bis vor
einem halben Jahr so was wie ein Stammgast im B., dem man
das Hefeweizen auf den Tisch stellte, noch bevor man Hallo!
sagen konnte.)
Nun sitze ich hier am Katzentisch. Katziger geht kaum, denn
es ist dieses halbrunde Teil direkt vor der Eingangstür,
über das man fast stolpert beim Reinkommen. Immerhin
entgeht mir so kein einziger Gast. Und Lichtblick ist die
Tatsache, dass meine hiesige Lieblingsbedienung diesen Tisch
bekellnert. (Obwohl eine Hierarchie hier schwer aufzustellen
ist.)
Der Weihnachtsmarkt schließt gerade, man merkt es sehr
deutlich an der wiederum gesteigerten Reinkommfrequenz. Grad
tritt ein Schwung brusthoher Spanierinnen ein. Und ein Grüppchen
junger Blondinen zeichnet sich durch überraschende Cleverness
aus: »Komm, wir laufen linksrum, denn die laufen
schon rechtsrum, das heißt, wir finden so eher was.«
F***, Akku 1 signalisiert mir nur noch wenige Minuten Gesellschaft.
Bin gespannt, ob sich der zweite, kleine Akku nicht über
die Wochen der Untätigkeit von alleine entleert hat.
Der Schwung Spanierinnen ist übrigens ein Jungesellinnenabschied,
wie sich gerade herausstellt. Das erklärt die Lautstärke
und die Frequenz der Blitzlichter, die da von links stroboskopisch
funken. Mittlerweile haben sich die jungen Hennen wohl genug
Mut angetrunken, um eine Tour durchs Lokal zu starten und
die männlichen Gäste gegen Geld der Braut die Speckmäuse
von der Halskette knabbern zu lassen. Schade, dass ich ausnahmsweise
mal ohne CANONe hier bin. Und schade, dass ich kein Kleingeld
dabei habe. So kann ich nur meinen Standardspruch in solchen
Fällen zum besten geben: »Willst Du Dir das
mit dem Heiraten nicht nochmal überlegen …?!«
– – –
Hey, da ist doch noch der Einkaufswageneuro in der kleinen
Tasche meiner Jeans – so kann ich der jungen Braut meine
schlauen Sprüche ersparen und ihren Brautstrumpf mit
Barem anfüllen. Denn die Mädels brauchen dringend
einen Nachschub an Weinschorle, das Gegacker wurde schon bedenklich
leiser … Ob es zu aufdringlich ist, nach dem Beweisphoto
zu fragen? Doch da ziehen sie schon weiter.
Hui, s'ist schon zehne und Akku # 2 hält tapfer durch.
Nee, die vielen Flocken für diese mobile Schreibmaschine
haben sich echt gelohnt.
Der Andrang wird scheint's etwas weniger, es wären sogar
vereinzelt Sitzplätze frei. Wer jetzt kein Haus hat,
baut sich keines mehr, wer jetzt allein ist, wird es lange
bleiben.
Und bevor ich mir nun das dritte Viertele Roten einflöße,
muss ich konstatieren, dass mir eigentlich nicht gescheites
mehr zu schreiben einfällt.
– – –
Doch
kommt Zeit, kommt Unrat: Diese erkennbar studentischen Gäste
am Nebentisch saufen White Russian. Nein, wie unbedarft: Erstens
bedeuten diese Minigläser viel Rennerei für die
Bedienerin und zweitens sind Cocktails mit Sahne beim Servicepersonal
verpönt.
Mein Lieblingscocktail ist ja Black Russian, Wodka mit Kahlua
– und zwar gleich an der Theke. Der Kaffeelikör
verdünnt den Sprit nur unwesentlich. Wer seine Leber
schnell und schmerzlos grillen will, wählt solcherlei.
Sonntag, 18. Dezember 2005
Irgendetwas muss nicht stimmen mit diesem Rezept: Meine Rumkugeln
werden von Tag zu Tag weniger! Jedes Mal, wenn ich durch die
Küche gehe, fehlt eine …
Nachdem ich es gestern abend mit Rrrotwein im Egmont ein
bisserl übertrieben habe, werde ich heute eine ganz ruhige
Kugel schieben. Eine Rumkugel sozusagen. (Und wieder fünf
Euro in die Kalauerkasse!)
Montag, 19. Dezember 2005
Trotz weher Pfote hab ich gebacken: Elisenlebkuchen! Zwei
Frauen aus meiner unmittelbaren Umgebung schwärmten davon.
Und im Januar kommt Plätzchenbacken einfach nicht so
gut.
Sehr lecker und nach eigenem Rezept. Beziehungsweise nach
drei ergoogelten Rezepten, aus denen ich nach eigenem Ermessen
das Sinnvollste zusammengebastelt habe. Als allererste Maßnahme
hab ich ein Drittel des Zuckers gestrichen. Sind aber immer
noch süß genug. Was an der Punschglasur liegen
könnte.
Mittwoch, 21. Dezember 2005
»Schade dass man einen Wein nicht streicheln kann.«
In diesem Sinne trauern wir um Theobald Tiger, Peter Panter,
Ignaz Wrobel und Kaspar Hauser. (Warum gibt’s nicht
mal ein Tucho-Jahr nach all diesen Jahren für relative
Physiker und überbegabte Musikgenies?)
Dieser Tage erreichte mich der Vorschlag, meine Plätzchen
doch im E. feilzubieten. Hm, neben »Lebenskünstler
und Kneipenliterat« käme »Plätzchenbäcker
und Hofphotograph« bestimmt gut auf der Visitenkarte
Außerdem fragten schon einige nach, ob es meine Rezepte
nicht bald mal als gedrucktes Buch gäbe. Wer hätte
angesichts zillionen Regalmetern im Sortiment eines jeden
Buchladens dort eine Marktlücke erahnt? Mal sehen …
Aber auch ohne gedruckte Dokumentation ist meine Multiplikatorenwirkung
in kulinarischer Hinsicht immens: Wie mein alldienstäglicher
Countercheck mir weismachen will, tummeln sich derzeit pro
Woche 5.000 bis 7.000 Besucher auf meinen Rezeptseiten.
O.K., es werden nicht ganz soviele gewesen sein. Denn mein
Zählwerk funktioniert mit IP-Nummer: Wenn jemand auf
die Seiten kommt, geht der Zähler einen Schritt weiter.
Wenn der gleiche Surfer eine weitere Seite aufruft, bleibt
der Zählerstand gleich. Erst wenn ein anderer Besucher
(mit einer anderen IP-Adresse) auf den Seiten war, läuft
der Counter weiter. Aber selbst eingedenk dessen müssen
die Zugriffszahlen immens sein. Flankierend bestätigen
mir etliche E-Mails und Gästebuch-Einträge dies.
Würde mich echt interessieren, wieviel Menschen auf Gottes
schöner Erde nach meinen Rezepten backen und kochen.
Vollends verblüfft hat mich aber die nette Dame aus
Köln, die mir heute per Gästebucheintrag
mitteilte, dass sie 48 Christstollen nach meinen Rezept gebacken
hat, um damit Freunde, Bekannte und Verwandte zu beglücken.
That makes my day :-)
Doch genug gestrunzt.
Mästen wir lieber noch etwas thematisch passend das
Kalauerschweinderl :
Wem diese Schreiberei auf den Keks geht, der sollte sich
ein Stück vom Kuchen abschneiden. Denn mancher redet
solch einen Quark, dass es ein gefundenes Fressen ist, ihn
durch den Kakao zu ziehen. Doch oft ist es eine harte Nuss
und kein Zuckerschlecken. Besonders wenn man jemanden zum
Fressen gerne hat. Und wenn man es übertreibt, kann man
sich ziemlich die Finger verbrennen. Aber ich rede nicht gerne
um den heißen Brei herum, hier bekommt jeder sein Fett
weg. Liebe geht zwar durch den Magen, doch wenn man es nicht
gebacken bekommt, ist das nicht das Gelbe vom Ei. Schafft
man es aber, sich die Rosinen aus dem Kuchen zu picken und
nie etwas anbrennen zu lassen, ist es das Sahnehäubchen.
O.K.,O.K., ich hör ja schon auf!
(Macht übrigens 85 Euro.)
Donnerstag, 22. Dezember 2005
»Mein« Weihnachtsmarkt auf dem Holzgraben wird
schon heute Nacht abgebaut. Komisch eigentlich, dass die Weihnachtsmärkte
genau dann zuende sind, wenn Weihnachten selbst anfängt.
An den familienübersättigten Feiertagen wäre
wohl so manchem nach einem Spaziergang durch die Budengassen
mit kalter Luft und heißem Glühwein. Und die Brut
könnte man aufs Karussell setzen, auf dass sie sich die
Plätzchen sonder Zahl rauszentrifugiert. Aber das Personal
sähe das wohl slightly different.
Freitag, 23. Dezember 2005
Auf in südlichere Gefilde (für eine Immobilie wie
mich bedeutet das Eifel …), ins Familienidyll. Wer lacht
da? Ich meine das ernst: Wenn es nicht länger dauert
als ein paar Tage, ist es das auch! Ich freue mich, meine
Geschwister wiederzusehen, und zwar alle auf einmal, das kommt
nicht so oft vor im Jahr vor. Besonders auf mein Schwesterlein
freue ich mich. Denn wenn der Rest der Bagage in die abendliche
Christmette zieht, ziehen wir in den örtlichen Pub und
killen wortreich ein paar Hirnzellen …
Dienstag, 27. Dezember 2005
Ich bin wieder zurück aus dem Weihnachtsurlaub und halte
gerade Hof im Egmont. Viel zu halten ist jetzt um Viertel
vor sechs allerdings nicht, die Heerscharen, die meiner huldigen
könnten, zieht's wohl erschöpft vom Shopping heimwärts,
und die bierdurstigen Studis liegen eh noch im Hotel Mama
unterm Tannenbaum und strecken alle Viere von sich.
Die Innenstadt war rappelvoll von Leuten, die ihr Weihnachtsgeld
umgehend auf den Kopf hauen wollten. Na, das freut den Einzelhandel.
Nicht die Verkäufer, aber wohl deren Chefs und vor allem
die Oberchefs. Die Herren können morgen wieder kundtun,
dass das Nach-Weihnachtsgeschäft für die verregneten
Adventssamstage entschädige, dass aber die Erwartungen
nicht erfüllt würden und das Vorjahresergebnis nicht
erreicht werden konnte, blablablubb. Coole Jobs, jedes Jahr
die gleiche Pressemeldung raushauen, und fertig ist die Laube.
Da ornslich Reibach ja der Sinn und Zweck des ganzen ist,
war es wohl ein gutes Weihnachten.
Mittwoch, 28. Dezember 2005
Als ich zuhause war, quasi unterm Tannenbaum, fielen mir
auch noch ein paar nette Kleinigkeiten ein, die prima als
Geschenk hätten herhalten können. Ich glaube, das
nächste Jahr mache ich bei der Schenkerei einfach wieder
mit.
»Weihnachtsgeschenke« mache ich nun im nachhinein:
Es stellte sich heraus, dass meine Schwester gerne die Neue
von Robbie Williams hätte – und ich nicht mehr
… Er lässt nach, der Gutste.
Außerdem hat mein Lieblingsbruder nur die Neuverfilmung
von »Per Anhalter durch die Galaxis« und
nicht die alte BBC-Serie aus den frühen Achtzigern als
Spezial-Edition mit edler Box. Als ich die »Hitchhiker«-DVDs
gerade eintüten wollte, befiel mich rasende Lust, sie
vorher nochmal anzusehen. So schnell kann ein Tag vorübergehen.
Und lustig: Hätte ich sie ihm nicht geschickt, hätte
ich sie wahrscheinlich niemals wieder angeguckt.
Will noch wer eine DVD aus meiner Basisvideothek? Wäre
ein netter Anlass, sie mir vorher nochmal anzusehen …
Diverse Photokollektionen werden ebenso demnächst per
Post zugestellt. Zu diesem Behufe wurde ich vorstellig im
Stundenhotel, äh Stundenservice von Photo Preim. Mal
wieder ein surreales Erlebnis: Die Bedienung, die scheint's
von missionarischem Eifer beseelt ist, was die Qualität
photographischer Erzeugnisse angeht, zeigte mir nicht nur
kurz die Bilder, auf dass ich sie als die meinigen identifiziere,
sondern gab mir ziemlich ungefragt und ziemlich rüde
Tipps. »Also, beim nächsten Mal: …!«,
hob sie an und forderte mich weithin hörbar auf, demnächst
beim Bestellen am Terminal gefälligst die Nachschärf-Funktion
zu nutzen und den Rotstich rauszufiltern und auf die Helligkeit
zu achten und und und.
O.K., das könnte ich natürlich tun. Oder meine
Bilder zu dm bringen …
Nachdem mein verstauchtes Handgelenk noch immer ein bisschen
zwickte, besinnte ich mich eines Besseren und wollte zum Doktor.
Nicht dass ich wegen Fehldiagnose auf immerdar ein Krüppel
bleibe. Da hätte dann jemand ziemlich was gutzumachen
…
Doch die orthopädischen Fachärzte haben zwischen
den Jahren allesamt frei. Sie sind wahrscheinlich im Skiurlaub,
um sich selber auch mal was zu brechen.
Hey, da kommt mir eine Idee: Der Legendenbildung zuliebe
erzähle ich einfach, ich hätte mich beim Tiefschneeskifahren
verletzt. Oder es ist beim Extreme-Carving passiert. Nein,
jetzt hab ich’s: Beim Kampf mit dem Yeti. Ach was, mit
zehn Yetis!
Donnerstag, 29. Dezember 2005
Unerquickliche Kunde erreichte mich heute morgen: Die Nebenkostenabrechnung
2004 wurde mir per Einschreiben überbracht.
Mist, in zweierlei Hinsicht: Zum einen hatte ich damit gerechnet,
dass es vergessen würde oder wenigstens verjährte.
Und zum anderen hatte ich beschlossen, den Morgen höchst
dekadent komplett im Bett zu verbringen – bevor mich
der Postbüttel aus den warmen Federn schmiss und mich
anherrschte, dass an den Türen im Haus keine Namensschilder
sind. Weil einmal in zehn Jahren einer ein Einschreiben zu
bringen hat?! Das Beste: Er grummelte sich etwas wie »das
ist nicht sehr dienstleistungsfreundlich« in den Bart.
Huarrr! Die Post! Ich glaub, es hackt: Der Totengräber
der Dienstleistung bemängelt den Service des Kunden!
Ich musste mich sofort an meinen letzten Besuch in deren Schalterhalle
erinnern: Weil die eine der beiden offenen Kassen schließen
sollte, stellte sich ein Beamter ganz hinten an und verwies
die nachfolgenden Kunden auf die andere Schlange. Ich frage
mich, wieviele dieser Kunden er in der gleichen Zeit hätte
bedienen können …
Samstag, 31. Dezember 2005
Gute Nachricht zum Jahresende: Jürgen Chrobog ist wieder
frei. Das wird Schweinchen Babe sicher freuen:

Ich habe die werte Leserinnenschaft ja bereits an früherer
Stelle Einblick nehmen lassen in die Produktionsweise dieses
über die Grenzen der Adalbertstraße hinaus beliebten
Internettagebuchs (nur wer mich wirklich nicht mag, nennt
es Blog – diario war Jahre früher!), das morgen
auf seinen siebten Geburtstag anstoßen könnte,
wenn es nicht so schrecklich abstinent wäre: Wenn man
ihm Tee/Kaffee/Rotwein/Bier in die Tastatur träufelt,
ist es nur mäßig angetan und zickt rum, labert
nur noch unausgegorenes Zeug, schwelgt in maßloser Selbstüberschätzung
und kotzt zu guter Letzt auf den Tisch.
Aber ich schweife ab, was wollte ich eigentlich sagen? Ach
ja: Der Prozess seiner Genese.
Mir fällt auf, dass ich aus diversen Gründen die
saftigsten Stückchen verschweigen und die heißesten
Photos unterschlagen muss. Dies hinterlässt mich ziemlich
unbefriedigt.
Speziell in beruflicher Hinsicht könnte ich seeehr viel
Unterhaltsames und Erschütterndes von mir geben. Und
im privaten Bereich habe ich mir schon die ein oder andere
blutige Nase geholt. Was tun? Ich hab schon überlegt,
einen passwortgeschützten Bereich anzulegen für
die unzensierte Version. Denn der Grund, warum das am Monatsende
immer so lange mit der Veröffentlichung dauert, ist schlicht,
dass ich vorher alle Namen streichen und justiziable Passagen
umschreiben muss. (Denn ich hab meinen Anwalt seit anderthalb
Jahren nicht gesehen.) Texte kastrieren ist ein leidiges Geschäft.
Samstag, 31. Dezember 2005,
aber eigentlich schon Sonntag, 1. Januar 2006
Das sind so die Vorteile des Singletums: Man kann planen,
den letzten Abend im Jahr mit Fondue in eremitärer Einsamkeit
zu verbringen, man kann aber auch um 18 Uhr sein Filet als
Medaillönchen in die Pfanne hauen und sich um acht Uhr
aufmachen in eine hinlänglich bekannte Gaststätte.
Die übrigens exakt 500 Schritte entfernt ist. Nein,
ich hab nicht gezählt, ich hab's mit map24 ausgemessen
und eine Schrittlänge von 90 Zentimetern zugrunde gelegt.
In selbiger Pinte sitze ich jetzt, Neujahr um 18 Uhr, auch
wieder, und zwar vor einem Brownschen Molekularbewegungsreaktor.
Douglas Adams würde Tee dazu sagen … Trinke gerade
einen solchen der Sorte Birne-Vanille, denn nach gestern hab
ich aus unerfindlichen Gründen etwas Durst.
Ach was red ich, ich hab Brand!
Obwohl der befürchtete Kater anscheinend Nachbars Katze
nachsteigt und nicht mir.
Wie ich aus diese absonderliche Auswahl komme, Birne-Vanille?
Nun, ich trinke dies grausige Gebräu testweise und aus
Neugier. Ich sehe diese aromatisierten Tees – seien
sie so gesund und vernünftig wie sie wollen – ja
als Mogelpackung an: Klingen und riechen tun sie toll, doch
letztlich sind sie nur laues Wasser mit einem schalen Abklatsch
von Geschmack. Ich mag ja eher reinen Assam o.ä.
Aber ich hab ja noch gar nicht erzählt, wie's gestern
noch so war: Um acht bin ich hier aufgekreuzt und erkannte
den Laden kaum wieder. Für einen Samstag wahnsinnig wenig
Betrieb. Und auch ein ganz anderes Publikum. Die meisten Kneipen
haben silvesters ja zu oder bieten nur mords teure Remmidemmis
an. Man sagte mir, die anfängliche Leere sei normal.
Genauso normal wie dass es sich ab zehn extrem füllte
– weswegen ich brav Desperados aus der Flasche gesüppelt
habe, weil das Arbeit spart.
Um kurz vor zwölf leerte es sich dann wie jedes Jahr,
denn fast alle stürmten zum Geböllere auf den Markt.
Ich war auch mal kurz draußen, konnte aber nicht viel
sehen, denn der Eingang zum Markt war dicht zugestellt mit
Leuten. Es wurden aber eine Menge Raketen gezündet und
– wie es neuerdings scheint's Brauch wird – Pfandflaschen
und Biergläser zerdeppert, wie sich beim Nachhauseweg
rausstellte.
Anschließend wurde es wieder voller und um eins dachte
ich, O.K., das läuft hier auch ohne mich. Ich wollte
noch meinen Sekt auftrinken, doch da setzten sich nette Menschen,
was mich zum Bleiben bis Ladenschluss bewegte …
Resümee des Jahres: Ich bin ganz gerne Single. Es ist
nur sehr schade, dass man keine Frau hat … Aber die
einen Frauen brechen dir das Herz, die anderen reißen
Dir den Geduldsfaden. Manche tun beides. Meiner Pfote geht
es übrigens zusehends besser, einen bleibenden Schaden
werde ich wegen dieser Geschichte wohl nicht davon tragen.
Jedenfalls nicht an der Hand …
Scrivo, doch nicht vivo
digiTL
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