Mittwoch, 1. März 2006
Von wegen, am Aschermittwoch sei alles vorbei: Je chante.
Und nicht allein. Es ist wieder Café Chantant au Egmont.
Der Monat fängt gut an:

(Ich sehe ein, dass Monate eine arg willkürliche Einteilung
sind. Aber irgendeine Einteilung braucht's: Wenn ich mein
Leben am Stück aufschriebe, würde die Datei zu groß
werden.)
Donnerstagmorgen, 2. März 2006
Und, zufrieden?
Freitag, 3. März 2006
Ortsangabe: Starbuck's am Markt.
Zeit: um 16 Uhr rum.
Umgebungsbedingungen: Horden von E-Technik-Studenten, die
hin und her laufen, um Übungsresultate miteinander zu
vergleichen. Dazwischen diverse Kleinfamilien, deren jüngste
Vertreter mit ihren Plastikbechern lustig um die Wette klopfen.
Ein Fall für den Kneipenpädagogen? Nein, das einzige
was nervt, sind die Techniker.
Daher Zeit- und Ortswechsel. Abends, Café Egmont:
Da hinten am Tisch sitzt eine nette junge Frau und schreibt.
Wie cool, eine Wesensverwandte.
Wow, nun kommt Stimmung auf: Der Typ, der gegenüber
vor den vorbereiteten Cocktailgläsern sein Bier trinkt,
fand es wohl sehr lustig, sich die Schnapsflaschen zu schnappen
und die Gläser mit Sprit vollzugießen. Da ist die
Tür!
Sternstunden meiner Fremdsprachenkünste: Ein anderer
Gast fragte mich auf englisch, wo denn die Toiletten seien:
Im Keller, oder »down under«, wie ich entgegnete
– ich bin gespannt, ob er in Australien zu Potte kommen
wird …
Im allgemeinen Prass ist gerade ein großer Milchkaffee
zu viel produziert worden. Nun ratet mal, wer den jetzt trinken
»muss«. Ist der große Milchkaffee im Egmont
bekannt? Wie munter Milch müde Männer auch machen
mag, für die Bedienung bedeutet sie eine Menge Schlepperei.
Denn es handelt sich um eine Menge Material, dargereicht in
einer Boule. Besser gesagt: Man könnte ein Baby drin
baden. Allein mit dem Berg Milchschaum könnte ich eine
gewisse Stammleserin eine Woche lang glücklich machen.
Sonntag, 5. März 2006
Eröffnungsveranstaltung der Aachener Friedenswoche im
Stadttheater. Ich muss schon wieder was gestehen: Auch dort
war ich vorher noch nie … Nun war ich's und bin ganz
friedensbewegt. Die Speerspitzen der lokalen Friedensbewegung
brachen eine Lanze für den Frieden.
Ich hätte da wohl mal gerne eine Frage: Warum wird immer
den Gläubigen gepredigt? Jeder, der den Weg zu dieser
Veranstaltung gefunden hat, hat wahrscheinlich auch schon
mal davon gehört, dass Krieg böse ist und mitunter
sogar Leute dabei sterben. Effizienter wäre die Missionierung
doch bei Rechtsradikalen, Selbstmordattentätern in spe
oder George W. Bush.
Heute nun hat es doch tatsächlich mal jemand geschafft,
mich aus dem Wohnzimmer zu vertreiben: Nach dem Theater schaute
ich dort noch kurz rein – knapp vier Stunden Kampf für
den Frieden macht durstig.
Neben mich setzte sich so ein Typ, der sich unterhalten und
mich von der Zeitschriftenlektüre abhalten wollte. (Normalerweise
bin ja ich es, der andere dort am Lesen hindert …) Man
glaube mir, ich kann mich abgrenzen, wenn ich etwas partout
nicht will. Aber der Typ blieb an mir kleben wie Kacke am
Schuh: Fünfmal bat er um Verzeihung, dass er mich angesprochen
hat, er wolle doch nicht stören. Da brach ich dann auf.
Nee, was der Alkohol aus den Menschen macht.
Montag, 6. März 2006
Letzte Nacht war Oscar™-Nacht. Für demnächst
wüsste ich einen ganz heißen Kandidaten: Wenn Harrison
Ford dann doch endlich den vierten Indiana-Jones-Film macht,
bekommt er garantiert einen Oscar™.
Fürs beste Make-up.
Reichtum droht! Jörg Pilawa lädt mich und einen
Freund/eine Freundin zum Casting für »Das Quiz«
ein.
Muss man sich da nicht eigentlich bewerben? Gehen denen die
Kandidaten aus? Anscheinend kursiert meine Adresse noch in
der Datenbank der Casting-Firma. Ich blicke ja auf eine Karriere
als Quizshowteilnehmer zurück. (1998 Zweiter bei
»Jeder gegen Jeden«; und bei »Jeopardy«
gecastet – leider wurde die Sendung kurz vor meinem
Einsatz eingestellt.)
Nun brauche ich natürlich einen sauschlauen Kompagnon.
Wen nehme ich bloß?
Dienstag, 7. März 2006
Mein Mitspieler bei »Das Quiz« ist gefunden,
natürlich im Wohnzimmer: Meine neue Lieblingsbedienung,
die fast so gut klugscheißen kann wie ich, wollte leider
nicht, sie sei nicht schlau genug. So ein Quatsch.
Doch mein väterlicher Freund war gleich ganz angetan
von der Idee. Das ist ja auch nicht ganz unwichtig: Begeisterung
für die Sache. Ich war mir nämlich nicht sicher,
ob ich mich denn auch im Fernseh zum Kasper machen will. Internet
reicht mir.
Die Kombination Wirt-Gast ist bestimmt noch nicht oft dabeigewesen.
Man braucht ja eine kleine interessante Geschichte, wie man
sich kennengelernt hat. (Es gab da doch so eine Hochzeit
im letzten Mai.) Wir haben schon mal rumgesponnen, wie wir
uns verkaufen. Das kumulierte dann in dem griffigen Motto:
»Das einzige was uns trennt, ist eine Theke.«
Ich muss gestehen, dass ich noch nie eine Sendung komplett
gesehen habe: Ich hab es nie ausgehalten. Da sitzen immer
so langweilige, so dumme Kandidaten. Und sagt der eine endlich
mal die richtige Antwort – schon legt der andere sein
Veto ein, ächz …
Mittwoch, 8. März 2006
Liebe Stammleserinnen: Alles Gute zum Weltfrauentag!
Na, liebe Stammleser: Schon Blumen, Pralinen und Dessous
gekauft?
Auf der Arbeit keine besonderen Vorkommnisse. Außer
dass TL bei der Lehrerkonferenz lustig gewesen ist: Wir haben
den Stundenplan fürs zweite Halbjahr zusammengepuzzelt
und auch diverse Vertretungsregelungen getroffen. Ist bekannt,
dass der Pfingstdienstag diesjahr auf den sechsten Juni fällt?
06.06.2006 oder kurz 6.6.6. – the number of the beast!
Ich scherzte, an diesem Tage wohl sicherheitshalber nicht
aus dem Haus zu gehen. Doch ich setzte noch einen drauf und
verkündete meinen Plan, dann zu heiraten.
Ich weiß bloß noch nicht wen.
Doch schaun mer mal: Im E. geht das Gerücht um, ich
habe/hätte eine Affäre mit einer von drei Bedienungen.
Oder gar mit allen dreien?! Aus Imagegründen halte ich
die Wahrheit mal lieber streng unter Verschluss.
Das erinnert mich ein wenig an meine Schulzeit: In der Dreizehn
bin ich in den Pausen meist mit einem Rudel Mädels aus
der Elf über den Schulhof gezogen. Ich hab sie liebevoll
als meinen Harem bezeichnet.
Demnächst schreibe ich mal was über Freundschaft
zwischen Mann und Frau.
Donnerstag, 9. März 2006
Grattis på födelsedagen, Smilla!
Freitag, 10. März 2006
Nochmal im Schwimmbad gewesen. Wäre doch gelacht. Doch
habe ich nach ein paar Bahnen Brust schmerzbedingt aufgeben
müssen, menno. Und um mir endlich mal Kraulen beizubringen,
waren zuviele amokrudernde Senioren im Bassin.
In dem Zusammenhang fällt mir ein: Um den Kollaps des
Rentensystems zu verhindern, brauchen wir nicht mehr Kinder,
sondern einfach weniger Rentner.
Kinder gibt es genug. Warum hätten die Bademeister wohl
sonst vier Bahnen fürs Schulschwimmen abgetrennt?!
Abends unerwartet ein Hirnzellenmassaker im E.: Dies- und
jenseits der Theke wurde entschieden, sich ornslich zu betrinken,
und zwar zunächst vermittels eines MKS, des heftigsten
Cocktails auf der Karte, ein halber Liter Zeuch.
Irgendwann taten wir unser alkoholisches Vorstellungsvermögen
zusammen und verpflichteten die diensthabende Offizierin zur
individuellen Wunscherfüllung: Sie sollte drei Cocktailgläser
mit Eiswürfeln bestücken und einfüllen, was
wir ansagten. Heilige Scheiße, da kam vielleicht was
zusammen! Wir haben es kurzerhand »Sithoni«,
getauft, nach den Anfangssilben der Urheber.
Mittwoch, 15. März 2006
Wieder C.C. mit anschließendem Ausstand: Eine langjährige
Servicekraft geht zurück in die Heimat. Zitat im Vorfeld:
»Erst mache ich den normalen Dienst und dann wird
gefeiert, bis die Putzfrau kommt.« Muss ich mehr
sagen?

Donnerstag, 16. März 2006
Mein Quizpartner simst von zuhause. Er spielt im Netz das
»Das Quiz«-Trainingslager und fragt gelegentlich,
wenn er sich nicht sicher ist. Fazit: Vom reinen Wissen her
ist uns die Kohle sicher. Gestern verstieg ich mich zu der
Äußerung, dass wir uns bei allem unter 100.000
Euro nicht mehr sehen zu lassen brauchten. Oh Gott, ich lege
die Latte hoch! Was wenn wir nicht tierisch absahnen? Was
wenn wir gar nicht erst gecastet werden? So wie ich mich kenne,
stelle ich sone Überlegungen ja auch noch ins Internet,
ich schwatzhaftes Kerlchen.
Freitag, 17. März 2006
Die beste Pizzeria Aachens ist – neben TLs Küche
– das »Maranello« in der Pontstraße.
Leider ist sie mit nur vier Stehtischen auch die kleinste.
Gegen kurz nach eins mittags sollte man daher nicht dort sein:
Dann stürmen Dutzende Schüler in Serie rein und
holen sich eine Pizzaschnitte als Pausenbrot.
Sonntag, 19. März 2006
Casting in Hürth. Aufgeregt zu sein ist so überflüssig
wie die Gurkenscheibe im Cheeseburger bei McDonald's. Was
haben wir zu verlieren? Wir müssen nur die Gelegenheit
wahrnehmen – die Pläne werden woanders gemacht,
wie mein Kompagnon mir glaubhaft versicherte. Wie gut, dass
ich den dabeihabe, ich alter Agnostiker.
Es hat soweit alles auch geklappt. Wir haben den aus 25
Fragen bestehenden Wissenstest bestanden und durften zum Interview
vor die Kamera. Auch da lief alles glatt. Ich glaube, wir
waren sogar recht amüsant.
Wenn auch auf meine Kosten … War ich aber selber schuld:
Denn man sollte zunächst ein paar Fakten nennen: Familienstand
und Beruf zum Beispiel. Also sagte ich folgerichtig, ich sei
Single, Sozialpädagoge und Webdesigner. Worauf der Casting-Mensch
fragte: »In dieser Reihenfolge?!« Na, immerhin
hatten wir die Lacher auf unserer Seite.
Der Interviewer schlug dem Wirt meines Vertrauens vor, doch
mal eine Single-Fete zu veranstalten, damit ich auch eine
abbekomme. Mein väterlicher Freund nahm diese edle Idee
zur Kenntnis, relativierte dann jedoch und plauderte aus,
dass ich einen recht guten Draht zum weiblichen Thekenpersonal
habe – sehr zum Missfallen ihrer jeweiligen Freunde.
Es wäre schon ziemlich geil, wenn wir in die Sendung
kämen. Nur zu toppen, wenn wir dann auch noch ornslich
Penunze abräumen. Dann würde es sich endlich mal
auszahlen, dass ich so ein verdammter Besserwisser bin. Früher
bei den »Fraggels« gab es die allwissende Müllhalde:
Sooo fühle ich mich manchmal.
Nach unserem fulminanten Sieg werden wir auf jeden Fall eine
furiose Fete feiern, mit Großleinwand und Büfett
und Liveband und Ehrengästen. Und natürlich mit
fremdem Personal: Die übliche Crew soll ja mitfeiern.
Aber erst gibt es ja weitere Hürden zu nehmen: Nachdem
wir nun das Casting-Team davon überzeugt haben, dass
wir ganz toll sind und dass uns ganz Deutschland unbedingt
mal sehen sollte, muss jetzt noch die Produzentin davon überzeugt
werden, dass wir ganz toll sind und dass uns ganz Deutschland
unbedingt mal sehen sollte, und dann muss noch der zuständige
Redakteur des NDR davon überzeugt werden, dass wir ganz
toll sind und dass uns ganz Deutschland unbedingt mal sehen
sollte. Man sagte uns, dass von 100 gecasteten Paaren nur
eines in die Sendung kommt – Danke schonmal fürs
Daumendrücken!
Montag, 20. März 2006
Krächz, krächz, krächz, krächzkrächzkrächz,
krääächz! (Bin krank.)
Freitag, 24. März 2006
Nach drei Monaten Abwesenheit nochmal daheim bei der Familie,
auf meinem Jugendbett in meinem Jugendzimmer. Für morgen
hat sich mein Lieblingsbruder meine digitale CANONe erbeten.
Sein Jahrgang hat Abifeier, und er möchte als Paparazzo
dabei sein. Dieses Jahr ist ein besonderes: Denn seit 25 Jahren
ist stets eines von uns Geschwistern auf diesem Gymmi gewesen,
ein seltenes Jubiläum.
Samstag, 25. März 2006
Bei einer köstlichen Pizza Taco von Toni im Gerolsteiner
»Mamma Maria« sagte mir eine liebe alte Bekannte
zu, in ihrem Buchladen einen Aktionstisch für meine Bücher
zur Verfügung zu stellen.
Sie muss ihn nur noch aufmachen.
Und ich vielleicht mal ein paar Bücher schreiben …
Sonntag, 26. März 2006
Die Deutschen sterben aus. Heißt es. (Deutlichstes
Zeichen ist die Beteiligung bei den Landtagswahlen heute in
RLP, S.-A. und BaWü.) Na und? Keine Deutschländer
mehr? Wäre das so schlimm? – Kein einziger Dinosaurier
trauert heutzutage wegen der Tatsache, dass es ihn nun nicht
mehr gibt.
Aber fragt mal einen beliebigen Fünfjährigen: Jeder
Einzelne liebt die Dinos heiß und innig! Das wäre
doch mal eine vielversprechende Basis für die nächste
Imagekampagne: »Ich war Deutschland.«
Wer in unseren Verein eintreten darf, soll neuerdings per
Quiz entschieden werden. Statt 100 Mark Begrüßungsgeld
eben 100 Begrüßungsfragen.
Ich habe diesen Einbürgerungstest spaßeshalber
mal gemacht: Ich habe Deutschland im fortgeschrittenen Stadium!
Aber Selbsterkenntnis ist bekanntermaßen der erste Schritt
zur Besserung.
Grundsätzlich ist so ein Fragebogen vor der Einbürgerung
keine schlechte Idee. Man muss halt die richtigen Fragen stellen:
Die Antwort auf »Nennen Sie drei deutsche Mittelgebirge«
steht in jedem Atlas. Es ist zwar praktisch, das zu wissen.
Falls Pilawa mal fragt. Man kann aber auch sehr gut ohne leben.
Ich kenne mindestens zwei Dutzend Leute, die das können.
(Die wissen noch nicht einmal, wann Goethe die kleine Nachtmusik
gemalt hat.)
Viel gewinnbringender wären aber doch solche Fragen:
- Wie heilt man Krebs?
- Was ist der Sinn des Lebens?
- Wie sorgt man dafür, dass die Bahn pünktlich
kommt?
- Gibt es ein Leben nach dem Tod?
- Wie macht man aus Scheiße Geld?
- Wie geht man friedlich mit seinen Nachbarn und Nachbarländern
um?
- Wie vereinfacht man das Steuersystem?
- Oder erstmal leichter: Wie vereinfacht man die Steuerformulare?
- Gibt es Gott?
- Und warum nicht?
- Wie schafft man Arbeitsplätze für fünf
Millionen?
- Ja lebt denn der alte Holzmichl noch?
Montag, 27. März 2006
Nun hab ich's schriftlich, Pilawa will uns nicht. Mist, 300.000
Euro futsch. Zum Trost schreibt man, wir sollen die Absage
nicht persönlich nehmen. Ja, was denn sonst?!
Sollte unser Erscheinungsbild nicht massentauglich genug
fürs Vorabendprogramm gewesen sein? Immerhin muss sich
der Durchschnittsfernsehgucker mit uns identifizieren. Mein
Image als oller Barhocker, der mit so jungen Dingern rummacht,
ist wohl nicht schwiegermutterkompatibel.
Ich tröste mich, indem ich mir einrede, dass wir wohl
bloß zu schlau gewesen sind und dadurch die ARD zu viel
Geld gekostet hätten.
Also weiter arbeiten gehen. Oder wieder Lotto spielen. Oder
mal bei Jauch anrufen. Oder reich heiraten. Der 6. Juni ist
ja bald …
Dienstag, 28. März 2006
Happy Birthday, Vasko!
Piiieter war da! Mein Peter! Peter Gabriel! In Aachen! Hautnah!
Wow!
Vor zwei Jahren hat er einen Kunstpreis der Ludwig-Stiftung
zuerkannt bekommen, und heute hatte er Zeit, ihn persönlich
abzuholen und einen Plausch in kleiner Runde zu halten.
Normalerweise halte ich nichts von so Personenkult, doch in
diesem Fall mache ich mal eine Ausnahme: Ich höre seine
Musik seit über zwanzig Jahren und besitze jeden Tonträger,
den er je veröffentlicht hat. Sowie diverse überteuerte
Bootlegs. Fan kommt von fanatisch.
Wie geiiiiil, wenn der Herr dann mal selbst in der Nachbarschaft
ist.
So begab es sich also, dass Sankt Peter heute in meinem und
circa 500 anderer Begeisterter Beisein in der Mulde des Ludwig-Forums
den Innovationspreis der Irene-und-Peter-Ludwig-Stiftung entgegen
nahm.
Wie menschlich-sympathisch er doch rüberkam! Wenn er
nicht zufällig Weltstar wäre, hätte man auch
für einen Opa halten können, der mit seinen Enten
die Enkel füttern geht.
Während er über seine Musik (»Aus dem
Bauch heraus in den Kopf – diese Reihenfolge ist mir
lieber als andersherum.«) und Projekte sprach (er
weigert sich, Grenzen anzuerkennen – weder die zwischen
Ländern noch die zwischen Kunstformen), ließ er
es an Charme und Charisma nicht fehlen. Für ein junges
Mädchen, das mit seiner Kamera um die runde Bühne
in der Mitte pirschte, posierte er und winkte nett. Ein schreiendes
Baby wurde flugs im Talk zum Thema gemacht. Und damit ihn
alle Drumherumsitzenden mal von vorne sehen konnten, wechselten
er und der Moderator Rick Takvorian mit ihren Stühlen
mehrmals die Position.
Als es aufs Ende zu ging, dachte ich schon: Nun schiebt endlich
den Flügel rein, vielleicht singt er uns doch noch einen.
Leider annoncierte der Moderator nur eine offene Fragerunde,
so dass vom Publikum all die beliebten Fragen gestellt werden
konnten, die einem jeden Schülerzeitungsredakteur im
ersten Lehrjahr zur Ehre gereichten: »Wie wird man
eigentlich Rockstar?«, »Wird es eine Genesis-Reunion
geben?« – aua!
Eine Frage war eine tolle Vorlage für einen Mördergag:
»Ob und wann wird die Millenniumsshow OVO nochmal
aufgeführt?« – Na, wann wohl?! Die erwartbare
Antwort: »At the next millennium!«
Bei einer Frage hat er wohl geflunkert: Ob er denn bald mal
in Aachen ein Konzert gebe. Er schaute um sich und sagte:
»Ich stelle fest, ich bin umzingelt. Also: Ja!«
Als die Veranstaltung zu Ende war, stürmten Horden von
Fans – woher kommt nochmal dies Wort?! – auf die
kleine Bühne und trotzten ihm eine krakelige Unterschrift
auf mitgebrachte Tonträger, Kleidungsstücke oder
sonstige Devotionalien ab. Hinter diesem wuseligen Ameisenhügel
musste sich irgendwo der Herr Gabriel mit seinem Edding befinden.
Ich beließ es beim Knipsen. Und beim Ärgern darüber,
dass ich das Tele nicht dabei hatte. Ich war schon überrascht
genug, dass man mir eingangs des Museums die Kamera nicht
sowieso ganz abgenommen hatte. Stattdessen baten hübsche
Museumsmitarbeiterinnen bloß, das Handy auszustellen.
Als ob das heute so schlimm gewesen wäre: Mein Klingelton
ist »Solsbury Hill«.

Ein Bekannter sagte mir später, er habe des Meisters
Limousine kurz nach dessen Davonbrausen noch vor einem Printenladen
stehen sehen. Sollte Peter sich noch ein paar Aachener Printen
als Wegzehrung gekauft haben? Oder kam er nur einem menschlichen
Bedürfnis nach? Verständlich wär's: Während
der Talkrunde hat er gemütlich Tee gesüppelt, der
muss auch bei einem Idol irgendwann mal wieder raus. Und wie
doof sieht es aus, wenn ein Weltstar zum Pinkeln mal eben
auf die Toilette huscht. Mal ganz abgesehen davon, dass die
Autogrammjäger auch dort wohl kaum von ihm abgelassen
hätten. Dann doch lieber mit großem Bahnhof davonrauschen
und fünf Minuten später irgendwo inkognito zum Strullern
einkehren.
Mittwoch, 29. März 2006
Soll ich nach soviel Begeisterung noch mal was miesepetern?
– Wirrrd gemacht:
Nach langem, kaltem Winter ist der Frühling nun wieder
da, mit all seinen Kollateralschäden: Die Straßenmusikanten
spielen wieder ihr übersichtliches Repertoire, meine
Augen jucken bereits in froher Erwartung allergischer Reaktionen,
ich könnte vor lauter Frühjahrsmüdigkeit den
ganzen Tag durchratzen und das ist jetzt schon der zweite
Abend in Folge, an dem ich hier Moskitos killen muss!
Donnerstag, 30. März 2006
Hörsturz: Der Vorsitzende der Spezialdemokraten Matze
Platze hat ein Pfeifen im Ohr. Schlimmer jedoch: Er hat auch
Pfeifen am Hals.
Freitag, 31. März 2006
Weitere kulinarische Filme (Fortsetzung aus dem letzten
Heft; vielen Dank für die Zuschriften):
- Babettes Fest
- Bella Martha
- Big Night
- Bittersüße Schokolade
- Charlie und die Schokoladenfabrik
- Das Hochzeitsbankett
- Delicatessen
- Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber
- Dinner for one oder Der 90. Geburtstag
- Es muss nicht immer Kaviar sein
- Grüne Tomaten
- Hippolytes Fest
Besonders an Herz legen möchte ich abschließend
noch die neue CD von Mariha, »Elementary Seeking«.
(Die Lieder »Absolut Entertaining« und »It
Hurts« kennt man eventuell oder sollte es zumindest.)
Und da ich ja auf musiklaische junge Frauen der Missy-Higgins-Kampfklasse
stehe, hier noch eine: Corinne Bailey Rae. Anspieltipps: »Like
A Star«, »Put Your Records On«, »Till
It Happens To You«, »Call Me When You Get This«
… – ach, eigentlich alle!
Ich hoffe, ich konnte eine einstweilige
Vergnügung erwirken
Platon (der mit
der Beziehung)
Zum Schluss vernachlässige ich die übliche Namenlosigkeit
und erfülle einen Leserinnenwunsch: Hey Google, indiziere
doch mal bitte Nadja Frenzel aus Aachen, damit sie auch mal
bei Dir gefunden wird! (Das nennt man übrigens Namedropping.) |